Wolfgang Hörner (Foto: Tobias Bohm) verlässt Eichborn und will unter dem KiWi-Dach das neue Imprint Galiani aufbauen. Im Interview mit buchreport.de spricht er über seine Zeit bei Eichborn Berlin, seine Zukunftspläne und die Frage, ob „sein“ Autor Sven Regener Eichborn ebenfalls verlässt.
Sie haben Eichborn Berlin selbst aufgebaut – und verlassen den Verlag jetzt nach 18 Jahren. Aus welchen Gründen?
Ganz allein macht man so was nie – da haben viele Kollegen mitgeholfen, an sie alle sei jetzt erst mal eine Dankesadresse abgegeben. Jetzt hat sich eine neue und noch reizvollere Konstellation gegeben, eine einmalige Gelegenheit, die ich und meine Kollegin Esther Kormann einfach ergreifen mußten. Wir gehen nicht im Streit und zu einer Zeit, in der es bei Eichborn wieder läuft, das macht es leichter.
Was war Ihre größte Errungenschaft, was Ihre größte Niederlage in diesem Zeitraum?
Jedes Buch, das das ihm gemäße Publikum fand, war die größte Errungenschaft, jedes, das unter seinem Potential blieb, eine grauenhafte Niederlage. Natürlich sind es Höhepunkte, wenn man die Erstlinge (und die Folgebücher) etwa von Jenny Erpenbeck, Karen Duve, Jan Costin Wagner oder Sven Regener aufsehenerregend durchsetzen kann, Niederlagen, wenn man eine Max Aub-Lesung veranstaltet, bei der vier Leute in verteilten Rollen lesen und nur drei Zuschauer kommen. Aber die drei kamen dann auf ihre Kosten. Und die vier Lesenden (einer davon war ich selbst) auch. Und es ist frustrierend, wenn Larissa Boehning mit ihrem Debütroman auf die Longlist des deutschen Buchpreises kommt, drei Auflagen hat, Preise bekommt, darunter einen von einer großen Leserjury (den Mara-Cassens-Preis für den besten Debütroman des Jahres), aber keiner der Kollegen in den Taschenbuchverlagen sich dazu entschließen kann, das Buch als Paperback zu machen und ihm dadurch eine neue und andere Leserschaft zu erschließen.
Bei den großen Publikumsverlagen waren die Berlin-Imprints bisher unterschiedlich erfolgreich, manche wurden eingestellt, als der Berlin- Hype vorüber war. Worin erkennen Sie die Vorteile der Berlin-Markierung, bzw. worin soll sich Galiani vom allgemeinen KiWi-Programm unterscheiden?
Es gibt natürlich auch sehr erfolgreich agierende Imprints wie Rowohlt Berlin, an deren Einstellung keiner denkt. Der Berlin Verlag hat sich einfach nach der Stadt benannt. Berlin ist sehr attraktiv. Und für Verlage liegen die Berlin-Vorteile auf der Hand: Berlin ist einfach die Autorenstadt Deutschlands. Der Großteil der jungen Autoren wohnt hier, auch sehr viele der Gestandenen. Es gibt mehrere Literaturhäuser, verschiedenste sehr aktive literarische Szenen, ein unendlich reiches Angebot. Und dazu sind die Medien nah. Galiani und KiWi sind zwei geistig und in der Haltung verwandte, aber eigenständige Programme. Dazu mehr, wenn es wirklich anfängt.
Wird Ihnen Sven Regener in den neuen Verlag folgen?
Das müssten Sie natürlich Sven Regener fragen, nicht mich. Und das wahrscheinlich in ein paar Jahren. Er hat ja gerade erst diesen Herbst ein Buch herausgebracht und mehrfach öffentlich verkündet, dass es keine neuen Buchpläne gibt. Für uns gibt es jetzt erst mal andere Aufgaben: die Lesereise zu „Der kleine Bruder“ geht gerade erst los, das Weihnachtsgeschäft steht noch an. Jetzt wird erst mal alle Kraft verwendet, sein Buch noch weiter zu befördern.
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