Viele Firmen tun sich schwer mit flexibler Arbeitszeitorganisation. Dabei können Jobsharing und andere Modelle für mehr Effizienz und Innovationskraft im Unternehmen sorgen, versichert Jana Tepe von der Online-Plattform Tandemploy.
Jana Tepe ist neben Anna Kaiser Co-Geschäftsführerin von Tandemploy, einem Unternehmen, das mit Technologie Menschen und Unternehmen bei der Umsetzung von Jobsharing und flexiblen Arbeitsmodellen unterstützt. Anna Kaiser wird beim HR-Future Day der Akademie der Deutschen Medien und von Bommersheim Consulting am 17. März 2017 in München das Modell Jobsharing vorstellen, hier weitere Infos zur Veranstaltung.
Warum tun sich viele Firmen so schwer mit flexibler Arbeitszeitorganisation?
Jana Tepe: Sie wissen oft einfach nicht, wo sie anfangen sollen. Zwar ist die „Flexibilisierung von Arbeitsstrukturen“ das HR-Trend-Thema 2017 und für jede Firma da draußen relevant – allerdings ist es auch einfach ein sehr weites Feld, ein oft abstrakt wirkender Begriff. Da schätzen es die Firmen umso mehr, wenn wir mit unserer Software auf ganz pragmatische Weise unterstützen und sie nicht alleine lassen.
Welche Erfahrung haben Sie speziell mit Medien-Unternehmen diesbezüglich gemacht?
Medienunternehmen haben, was das Thema Flexibilisierung angeht, eigentlich genau die gleichen Herausforderungen wie andere Branchen. Auch hier herrschen oft noch alte Denkmuster und Strukturen vor, auch hier gibt es viel zu tun!
Was ist ihr wichtigstes Argument für Jobsharing?
Zwei sind immer besser als einer alleine! Sie haben doppelte Erfahrungshintergründe und Kompetenzen, doppelte Stärken, zwei Sichtweisen und doppelte Ideen. Zwei können viel eher die eierlegende Wollmilchsau sein, die sich doch jeder HR-ler und Chef herbeisehnt. Außerdem können sie sich perfekt bei Urlaub und Krankheit vertreten, was bares Geld spart. Jobsharing ist einfach eine ganz logische Konsequenz der Veränderungen, die wir gerade am Arbeitsmarkt spüren. Nur wenn wir die Vorteile von Teamwork, von enger Kollaboration nutzen, können wir unser Wissen effizienter teilen, unsere Organisationen agiler aufbauen und uns wappnen den Wandel. Denn was genau auf uns zukommt, weiß am Ende niemand. Was wir wissen, ist, dass wir uns flexibler aufstellen müssen, um rechtzeitig agieren – und nicht nur reagieren – zu können.
Weitere Artikel zum Thema Personal und Personal-Management finden Sie im HR-Channel von buchreport, der von Bommersheim Consulting unterstützt wird.
Wie kann das Tandem-Modell selbst auf Führungsebene gelingen?
Gerade auf Führungsebene sind flexible Arbeitsmodelle so wichtig! Denn wenn wir hier nicht Vorbilder sind, wer soll es dann sein? Wie sollen wir Unternehmen abnehmen, dass sie sich ernsthaft über lebensfreundliche Arbeitsmodelle Gedanken machen, wenn Flexibilität vor einem bestimmten Hierarchielevel plötzlich Halt macht? Um Unternehmenskulturen wirklich nachhaltig und vor allem von innen heraus zu verändern, müssen wir auch an die Führungsebene ran. Hier müssen klare Signale gesetzt werden und flexible Arbeit auch tatsächlich vorgelebt werden. Nur so spüren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass es auch wirklich gewollt ist – und dass sie ohne Skrupel nach einer Stundenreduzierung, einem Jobsharing oder einer Jobrotation fragen können. Am Ende ist es dann Teamwork – alle im Unternehmen müssen sich bewegen, auch die Mitarbeiter müssen aktiv einfordern.
Wie können Sie sicherstellen, dass die Verantwortung auch von beiden getragen wird?
Das muss einfach von Beginn an klar sein und gehört zum Selbstverständnis eines Jobsharing-Teams. Ebenso, wie man die Arbeitsbeziehung und -aufteilung sehr souverän und eigenverantwortlich steuert, weiß man auch ganz klar, dass man eine Aufgabe und eine gemeinsame Verantwortung hat. Man teilt Lob, aber auch Kritik.
Welches persönliche Profil ist erforderlich, damit Jobsharing im Tandem funktioniert?
Man sollte natürlich Teamarbeit mögen und klar kommunizieren können, aber abgesehen davon kann jeder
– natürlich auch ohne Vorerfahrung – im Jobsharing arbeiten! Viele Tandems kannten sich vorher gar nicht und arbeiten dennoch sehr gut zusammen. Man darf nicht unterschätzen, dass Jobsharer in aller Regel nochmals extra motiviert und engagiert sind.
Welche Tools können für solche Modelle eingesetzt werden?
Wir unterstützen Organisationen mit unserer internen Software flex:workz dabei, sich aus eigener Kraft und von innen heraus zu flexibilisieren. Das Besondere dabei ist, dass unser Tool von den Mitarbeitern selber (bottom-up), nicht maßgeblich von HR oder den Chefs, gesteuert wird. Sie können sich das so vorstellen: Jede Firma bekommt einen geschlossenen Raum in der Cloud, in dem sich nur die eigenen Mitarbeiter einloggen können. Jeder Mitarbeiter, der möchte, kann dort ein – auf Wunsch anonymes – Profil anlegen und auf eigene Faust nach Sparringspartnern für flexible Arbeitsmodelle und Kollaborationsformen unter seinen Kollegen suchen: einen Partner für ein Jobsharing, jemand, mit dem man mal für drei Monate den Job tauschen kann (Jobrotation), Mitstreiter für Projekte – oder auch einfach einen Mentor oder Mentee. Erst wenn man selber eine Idee entwickelt und konkretisiert hat, geht man damit auf HR oder die Führungskraft zu: mit einem Lösungsvorschlag statt einem Problem. Das ist echtes Empowerment.
Jana Tepe und Anna Kaiser (Foto) sind Gründerinnen und Geschäftsführerinnen von Tandemploy. Ihr Credo: „Stell dir eine Welt vor, in der Menschen mit weniger – aber cleverer! – Arbeit mehr erreichen.“ Freilich leben Tepe und Kaiser selbst vor, was sie propagieren: Sie selbst teilen sich die Geschäftsleitung im Jobsharing, alle Mitarbeiter arbeiten in flexiblen Modellen und legen ihre Stundenzahl individuell fest. Zuletzt haben sie die starre 40-Stunden-Stelle bei Tandemploy abgeschafft. Für ihre Idee gewannen die beiden und ihr Team bereits über ein Dutzend Preise, u.a. die Auszeichnung „Deutschland – Land der Ideen 2015“, „BBC 30 Female Founders under 30“, #Wirtschaftswundermacher von Microsoft, „einfach.anders.arbeiten“ und den HR Startup Award 2016.
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