Das Bundeskabinett hat nach vielen, auch parteiinternen Diskussionen den Reformentwurf des Urheberrechts verabschiedet. Damit ist die Hängepartie aber noch nicht beendet.
Seit November hatte das Bundeskabinett die anstehende Urheberrechtsnovelle immer wieder von seiner Sitzungsagenda gestrichen, weil man sich nicht einig wurde. Umgesetzt werden in nationales Recht muss die zugrunde liegende EU-Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (sog. „DSM-Richtlinie”) bis zum 7. Juni. Sie enthält eine große Bandbreite an Themen, u.a. Einzelregelungen zu vergriffenen Werken, zu Text und Data Mining, die Verlegerbeteiligung an Verwertungserlösen (s. unten im Detail), neue urhebervertragsrechtliche Regelungen sowie eine neue Urheberrechtsschranke zu Karikaturen, Parodien und Pastiches.
Die großen Streitpunkte, die schon auf europäischer Ebene immer wieder für zeitliche Verzögerungen sorgten, zahlreiche Verbände und Lobbyisten auf den Plan riefen und lautstarke öffentliche Proteste auslösten, sind vor allem die Plattformregulierung und der drohende Einsatz von Uploadfiltern sowie das Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Ob das deutsche Gesetzespaket den Weg durch das parlamentarische Verfahren findet, bleibt abzuwarten.
Rückkehr zur Verlegerbeteiligung
Für die Buchverlage ist vor allem die rechtssichere Wiederherstellung der Verlegerbeteiligung an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften ein wichtiger Punkt im großen Urheberrechtspaket. Seit der Bundesgerichtshof im April 2016 im „Vogel-Urteil” (benannt nach dem klagenden Wissenschaftsautor Martin Vogel) entschieden hatte, dass die Verwertungsgesellschaft VG Wort nicht berechtigt ist, einen pauschalen Betrag ihrer Einnahmen aus bestimmten gesetzlichen Vergütungsansprüchen an Verlage auszuzahlen, haben die Verlage eine lange fest einkalkulierte Einnahmequelle verloren. Aktuell können sie nur beteiligt werden, wenn die Autoren dem bei jedem Werk explizit zustimmen.
Das BGH-Urteil kam damals mit Ansage: Der Europäische Gerichtshof hatte 2015 im „Reprobel-Urteil” zu einem Fall aus Belgien entschieden, dass eine Beteiligung von Verlagen rechtswidrig ist, weil sie keine Urheber sind. Für viele Buchverlage war das Vogel-Urteil dennoch ein harter Schlag, auch weil sie die seit 2012 zu Unrecht erhaltenen Ausschüttungen zurückzahlen mussten.
Mit dem neuen Urheberrecht soll die Verlegerbeteiligung jetzt gesetzlich verankert werden. Das sieht der Regierungsentwurf vor:
- Verlage bekommen einen gesetzlichen Beteiligungsanspruch an der Vergütung des Urhebers für bestimmte Vergütungsansprüche, die über eine gemeinsame Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.
- Für diesen Beteiligungsanspruch ist es ausreichend, dass der Urheber dem Verlag ein Recht an dem Werk eingeräumt hat.
- Für den Fall, dass der Urheber dem Verlag kein Recht an seinem Werk einräumt, hat der Urheber weiterhin die Option, seinen Verlag nachträglich zu beteiligen.
- Dem Urheber stehen mindestens zwei Drittel der Vergütung zu, sofern die Verwertungsgesellschaft in ihren Gremien keine andere Verteilung festlegt.
In der Praxis hieße dies beispielsweise mit Blick auf die VG Wort, dass die bisherigen Quoten für Verlage bei der Ausschüttung Fachbuch (bisher 50%) und bei METIS (bisher 40%) künftig auf 33,3% abgesenkt werden.
Reaktion des Börsenvereins
In einer ersten Reaktion begrüßte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, die Umsetzung der EU-Richtlinie. Allerdings sei die Entscheidung durchaus mit „Licht und Schatten“ versehen.
Die Stellungnahme hier im Wortlaut:
„Wir begrüßen es, dass das Bundekabinett endlich die wichtige Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform auf den Weg gebracht hat. Der heutige Beschluss bringt im Detail für Kreative, Buchbranche und ihre Partner Licht und Schatten. Von zentraler Bedeutung – gerade für den Erhalt gemeinsamer Verwertungsgesellschaften wie der VG Wort – ist die überfällige Wiedereinführung einer Verlegerbeteiligung. Hierbei hätte man sich allerdings den Mut gewünscht, noch direkter an die Rechtslage anzuknüpfen, die zwischen 1958 und 2015 im besten Einvernehmen von Autor*innen und Verlagen gegolten hat.
Stärkeren Änderungsbedarf im parlamentarischen Verfahren sehen wir hinsichtlich der Ausgestaltung der urheberrechtlichen Haftung von Plattformen wie Youtube & Co. An dieser zentralen Stelle verfehlt der Kabinettsbeschluss nicht nur das Entstehen der von der umzusetzenden EU-Richtlinie intendierten Harmonisierungswirkung innerhalb des europäischen Wirtschaftraums, sondern greift ohne Not tief in die Rechtsposition von Urheber*innen und ihren Marktpartnern ein. Es wird angesichts der engen zeitlichen Vorgaben sicherlich schwierig, noch die für die Verlage und Kreativen erforderlichen Veränderungen zu erreichen – wir müssen und werden das aber mit aller Kraft versuchen.“
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