Heute vor 125 Jahren wurde der Schriftsteller Franz Kafka geboren – Grund für die deutschsprachigen Feuilletons, sich zwei aktuellen Biografien über den „herausragendsten Autor des Jahrhunderts“ ausführlich zu widmen.
Der „Welt“ erscheint Kafka nach der Lektüre von Reiner Stachs Biografie in zwei Bänden nun viel klarer: „Stach hat viel Material ausgegarben und beschreibt mitreißens Kafkas Umfeld.“ Seit langem habe Stach an einer monumentalen Biografie Franz Kafkas gearbeitet, die das Werk nicht spiegeln, sondern ihm nur ein möglichst heller und durchsichtiger Hintergrund sein will. „Das historische Bild, das dabei im Entstehen ist, gehört zu den eindrucksvollsten Ergebnissen, die die Kafkaforschung aufzuweisen hat“, urteilt die Zeitung.
Auch das Magazin „Focus“ zeigt sich von Stachs Arbeit begeistert: Er verspreche gleichsam einen privaten Besuch bei der jüdischen Kaufmannsfamilie in Prag zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts und löse dieses Versprechen auch ein. Stach „verwendet alle Fakten und Zeugnisse, die er bekommen konnte, um sich in die Menschen und ihre Zeit einzufühlen, und er verfügt über den Erzählstil, um die Leser Zeugen werden zu lassen.“ Die insgesamt 1400 Seiten über den weltberühmten Dichter seien deshalb an keiner Stelle langweilig.
Deutlich schlanker, so der „Focus“ weiter, komme der Band „Die ungeheure Welt, die ich im Kopf habe“ von Louis Begley daher. Der Autor nähere sich seinem Protagonisten auf sehr persönliche Weise, Beschreibungen der Gefühls- wie Lebenswelt Kafkas würden immer wieder durch Auszüge aus Briefen, Tagebuchaufzeichnungen oder Aussagen von Freunden und Weggefährten unterbrochen. Im letzten Drittel der 335 Seiten interpretiere Begley zudem die Werke Kafkas vor dem Hintergrund von dessen Geschichte. „Einen neuen Blickwinkel bietet Begley, dessen Biografie nach eigenen Angaben der Kafkas sehr ähnelt, jedoch nicht. Denn ob Mammutband oder persönliche Annäherung – ganz wird das Rätsel um den Versicherungsangestellten, der nachts dunkle Erzählungen schrieb, wohl nie gelöst werden.“
Reiner Stach: Kafka. Die Jahre der Erkenntnis, S. Fischer 2008, 29,90 Euro
Louis Begley: Die ungeheure Welt, die ich im Kopf habe, DVA 2008, 19,95 Euro
NACHGELESEN – Bücher heute in den Zeitungen
Belletristik
Bärbel Reetz: Lenins Schwestern. Roman. Insel Verlag 2008, 19,80 Euro.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ S. 34
Reinhard Kaiser-Mühlecker: Der lange Gang über die Stationen. Roman. Hoffmann und Campe 2008, 16,95 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ S. 16
Gwendoline Riley: Cold Water. Aus dem Englischen von Sigrid Ruschmeier. Schöffling 2008, 17,90 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ S. 16
Mircea Cartarescu: Warum wir die Frauen lieben. Geschichten. Aus dem Rumänischen übersetzt von Ernest Wichner. Suhrkamp 2008, 17,80 Euro.
„Süddeutsche Zeitung“ S. 16
Sachbuch
Udo Pollmer, Susanne Warmuth: Pillen, Pulver, Powerstoffe. Die falschen Versprechen der Nahrungsergänzungsmittel. Eichborn 2008, 19,95 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ S. 34
Karl Marx: „Das Kapital“. Kritik der politischen Ökonomie. Mit Illustrationen von Klaus Waschk. Ausgabe in zwei Bänden. Faber & Faber 2007, 65,– Euro
Georges Didi-Huberman: Schädel sein. Ort, Kontakt, Denken, Skulptur. Aus dem Französischen von Heinz Jatho. Diaphanes 2008, 14,90 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ S. 34
Michael Hampe: Eine kurze Geschichte des Naturgesetzbegriffs. Die Gesetze der Natur und die Handlungen der Menschen. Suhrkamp 2008, 10 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ S. 16
Roger Sablonier: Gründungszeit ohne Eidgenossen. Politik und Gesellschaft in der Innerschweiz um 1300. Verlag Hier + Jetzt 2008, 28,80 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ S. 44
Kinderbücher
Thomas Lindemuth, Patrick Lenz: Karl und Kumpel. Atlantis-Verlag 2008, 13,90
„Neue Zürcher Zeitung“ S. 45
Martha Brooks: Mistik Lake. Aus dem Englischen von Birgitt Kollmann. DTV 2008, 8,95 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ S. 45
Phyllis Perry: Expedition Unterwasserwelt – Abenteuer Ozean. Aus dem Englischen von Anke Knefel. Mit Illustrationen von Roger Hall und Ryan Hobson. Oettinger 2008, 17,90 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ S. 45
Philip Plisson, Frédéric Denbez: Die Fischerei in aller Welt für Kinder erzählt. Mit Illustrationen von Christelle Guénot. Aus dem Französischen von Cäcilie Plieninger. Knesebeck 2008, 14,95 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ S. 45
Jo Nesbø: Doktor Proktors Pupspulver. Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Mit Illustrationen von Per Dybvig. Arena 2008, 12,95 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ S. 45
Marjaleena Lembcke: Der Mann auf dem roten Felsen. Nagel & Kimche 2008, 14,90 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ S. 45
Eric Battut: Das Ei. Aus dem Französischen von Susanne Zeller. Bohem Press 2008, 12,90 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ S. 45
Paul Maar, Susann Opel-Götz: Drei miese, fiese Kerle. Oetinger 2008, 12,90 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ S. 45
Jeff Kinney: Gregs Tagebuch. Von Idioten umzingelt! Aus dem Englischen von Collin McMahon. Baumhaus 2008, 12,90 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ S. 45
VORAUSGEHÖRT – Bücher im Radio
Zum 125. Geburtstag von Franz Kafka steht bei NDR Kultur um 20:00 Uhr die 72-minütige Hörspielfassung seines Prosawerkes „Die Verwandlung“ auf dem Programm. Darin muss Gregor Samsa eines Morgens – in ein abscheuliches Insekt verwandelt – erwachen und feststellen, dass dies kein Alptraum sondern Realität ist. In der Hörspielfassung von Heinz von Cramer – nach der 1915 veröffentlichten Erzählung – erhält dieser monströse Befreiungsakt aus einem freudlosen Leben in eine qualvolle Käfer-Existenz erschreckende Präsenz.
Mitwirkende: Martin Reinke, Ernst-August Schepmann, Tessy Kuhls, Christine Heiß, Jürg Löw, Wolf-Dietrich Sprenger, Gert Haucke, Hermann Lause, Eva Gilhofer
Livestream
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