Die europäischen E-Book-Märkte wachsen zwar kontinuierlich. Und dennoch sind die Akteure mit der Entwicklung offenbar nicht so ganz zufrieden. Weshalb die auf den digitalen Markt spezialisierte EU-Kommissarin Neelie Kroes (Foto: mit Blumenkleid) gestern Chefs aus Verlagen und Internetunternehmen zu einem Gipfeltreffen in Brüssel empfangen hat. Ergebnis ist eine „Declaration on E-Books“, die allerdings Lücken lässt.
Die Unterzeichner begrüßten die Entwicklung des europäischen E-Book-Marktes, die Wachstumsperspektiven und die Erneuerung, die damit einher gehe. Es solle keine Hindernisse für Kunden beim Kauf von E-Books über territoriale, Plattformen- oder Geräte-Grenzen hinaus geben. Und: Es sei wichtig, ein „neutrales Mehrwertsteuer-System“ zu errichten, das den Verkauf gedruckter Bücher nicht beeinträchtige. Dies sind die Kernsätze der Vereinbarung (hier der komplette Text), die gestern von Branchenvertretern wie Emmanuel Benoit (Jouve), Ronald Schild (Libreka), Jonathan Lloyd (Chef der Literaturagentur Curtis Brown), Stefano Mauri (Maurispangnol), Riccardo Cavallero (Mondadori), Joachim Kaufmann (Carlsen) und John Makinson (Penguin) unterzeichnet wurde (hier die komplette Liste der Unterzeichner).
Noch keine Unterschrift von Vertretern von Holtzbrinck und Random House
Größte Lücke der Erklärung bei der Mehrwertsteuer
Andererseits: Das formulierte Ziel, ein „neutrales Mehrwertsteuer-System“ zu errichten, das den Verkauf gedruckter Bücher nicht beeinträchtige, könnte sogar dahingehend ausgelegt werden, dass für E-Books gerade kein ermäßigter Steuersatz wie für gedruckte Bücher angesetzt werden soll, damit der Print-Absatz geschützt wird – entgegen der Absichten der Verlage, die sich Brüssel für den ermäßigten Steuersatz für E-Books aussprachen: Alle Kosteneinsparungen durch den Wechsel von Print zu Digital, erklärten die Verleger uni sono in Brüssel, würden durch die Steuerunterschiede der Formate „ausgewaschen“. Laut einer Pressemitteilung der EU-Kommission haben die Verleger in diesem Punkt die Rückendeckung von Kroes. Die EU-Kommissarin betonte allerdings, dass am Ende die Finanzminister grünes Licht geben müssten.
„Bleibt es also doch bei den in Deutschland aktuell geltenden 19% MwSt.? Für den deutschen E-Book-Markt wäre dies fatal“, schreibt der E-Book-Experte Sebastian Posth in seinem Blog. Dem Protektionismus für Printbücher sei kein politischer Riegel vorgeschoben worden. „Vielmehr bleibt alles beim Alten, Berlin muss eine Entscheidung treffen: Für einen reduzierten MwSt.-Satz bei E-Book-Sales, und damit für einen weiteren Boost des digitalen Marktes – oder dagegen. Und letzteres wäre zugleich auch ein kulturpolitisches Statement gegen eine weitere Beschleunigung des Wachstums im E-Book-Segment und die Rückbildung des Marktes für gedruckte Bücher.“
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