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Kann man von Lyrik leben, Frau Seel?

Kookbooks hat sein zehntes Verlagsjubiläum gefeiert. Von der Schwierigkeit, ökonomisch zu bestehen, berichtet Verlegerin Daniela Seel (Foto: Alexander Gumz). 
Kann ein Verlag mit Schwerpunkt Lyrik überhaupt wirtschaftlich ge­führt werden?
Nein. Ich habe von Anfang an ne­benher gearbeitet und arbeiten müssen, um die Verluste aufzufangen. Meine Motivation war es aber bei Verlagsgründung auch weniger, Ge­winn zu machen, als vielmehr Literatur zu veröffentlichen, von der ich überzeugt bin und die mich auch als Leserin anspricht. Es gibt tolle junge Dichterinnen und Dichter, aber es gab bis vor wenigen Jahren die Infrastruktur dafür nicht, weil die Publikumsverlage da nicht hingucken, weil zu wenig bis gar kein Geld da­mit zu verdienen ist. Es ist toll, jetzt zu sehen, dass sich hier einiges ge­tan hat, dass es mehr Verlage, vor allem Independent-Verlage gibt, die einen Lyrik-Schwerpunkt pflegen, es gibt viel mehr Plattformen durch die Digitalisierung, es gibt alle möglichen Veranstaltungsformen, und es gibt insgesamt ein größeres Interesse auch jüngerer Menschen an diesen anderen literarischen Formaten.

Wie lässt sich die Begeisterung von der Festivalebene und digitalen Plattformen auf den Buchkauf übertragen?

Hier stehen wir vor der Herausforderung und Frage: Was sind die zeitgenössischen Publikationsformen oder auch Kontexte, in denen sich Lyrik gut vermitteln lässt? Da be­wegt sich gerade sehr viel. Für Autoren wird es im­mer wichtiger, Veranstaltungen zu ma­chen, um den Lebensunterhalt zu verdienen und überhaupt über andere ästhetische Mittel literarischer Kommunikation und Kunst nachzudenken bzw. in solchen zu arbeiten und nicht  allein in klassischen Buchformaten. Auch wenn der Mythos gepflegt wird: Vom reinen Buchverkauf konnten und können Autoren fast nie leben. 

Und wo finden Sie Ihr Zielpublikum?

Viel findet sicher über Empfehlungen auf Internetplattformen statt, gerade für Lyrik hat sich hier ein spezielles Feuilleton entwickelt wie z.B. fixpoetry.com oder poetenladen.de. Dann gibt es eine Reihe gedruckter literarischer Magazine, die zum Entdecken neuer Texte und Autoren einladen. Viel Publikumskontakt haben wir bei kleineren Festivals oder Messen. Nicht zu vernachlässigen ist der grafische Aspekt unserer Bücher: Unter den Käufern gibt es einige, die besonders die Illustrationskunst von Andreas Töpfer schätzen, durch die die Kookbook-Titel ein eigenes, be­sonderes Profil haben.

Und der stationäre Buchhandel?

Es gibt einige wenige Buchhändler und Buchhändlerinnen, die der Lyrik ein Forum geben. Durch die aktuellen Veränderungen am Buch­markt – den Rückbau der Fi­lial­buchhandlungen und die Erholung des kleinen, inhabergeführten Buchhandels – könnte es sogar zu einer besseren Darstellung unserer Bü­cher im Buchhandel kommen. 
Die Fragen stellte Nicole Stöcker
Zur Person: Daniela Seel

geboren 1974 in Frankfurt/Main. Im Jahr 2000 gehörte sie zu den Initiator/innen von KOOKread, dem Literaturzweig des Künstler/innennetzwerks KOOK, aus dem heraus sie 2003 gemeinsam mit dem Illustrator und Buchgestalter Andreas Töpfer Kookbooks – Labor für Poesie als Lebensform gründete.  Für ihre dichterische und verlegerische Arbeit wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Kurt-Wolff-Förderpreis 2006.

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