Noch werden die Bons an deutschen Einzelhandelskassen überwiegend mit Bargeld beglichen, aber die Kartenzahlungen legen zu. Begünstigt durch die gedeckelten Gebühren für Kredit- und Debitkarten akzeptieren mehr Händler die Zahlung per Karte. Das Angebot beeinflusst auch das Verbraucherverhalten und auch die Erwartung etwa an den Buchhandel, trotz überwiegend kleinerer Rechnungssummen Kartenzahlung anzubieten.
Für den Handel gibt es aktuell aber auch bei der bereits weit verbreiteten Zahlung per Girocard (im Volksmund immer noch gern „EC-Karte“) eine neue Herausforderung.
Kunde zückt nicht nur die Karte
Bisher war es einfach: Wollte der Kunde an der Kasse per Girocard zahlen, wurde das über die vom Händler voreingestellte Zahlmethode abgewickelt. Ab 9. Juni dürfen die Kunden jetzt selbst entscheiden, welches Zahlverfahren sie nutzen möchten. Das sieht eine EU-Verordnung vor (s. buchreport.datei).
Die Girocard enthält inzwischen folgende Optionen:
- Die Zahlung per PIN-basiertem Verfahren (Electronic Cash)
- Das unterschriftbasierte Elektronische Lastschrift-Verfahren (ELV)
- Kontaktloses Bezahlen per eingebautem NFC-Chip
- Maestro oder V-Pay, die beiden Debit-Verfahren von Mastercard und Visa.
Unklar ist trotz der anstehenden Terminierung bislang, wie die Regelung technisch und praktisch an den Kassen umgesetzt werden soll, berichtet die „Lebensmittelzeitung“ (LZ). Offenbar genügt eine „terminalnahe Information“, die Kunden über die Händlervorauswahl und mögliche Alternativen informiert, hat die „LZ“ beim Bundesfinanzministerium (BMF) in Erfahrung gebracht.
Die Terminalsoftware muss aber wohl in jedem Fall neu entwickelt und installiert werden, denn aktuell kann die Vorauswahl des Händlers nicht geändert werden.
Branchenlösung in der Abstimmung
Terminalhersteller und Netzbetreiber hätten bereits einen Vorschlag zum Software-Update als Branchenvorschlag gemacht, berichtet HDE-Geschäftsführer Stefan Genth. Die Terminals sollen eine Auswahltaste bekommen, die der Kunde bei Bedarf drücken kann, ansonsten erfolgt die Abwicklung wie gewohnt. Bis zum 9. Juni sei die Umrüstung aber nicht mehr zu schaffen. Jetzt hofft der Verband, dass sich das BMF und die Finanzaufsicht Bafin auf den Branchenvorschlag einlassen.
Kreditkarte und Lastschrift legen zu
Nach einer aktuellen Kartenstudie des EHI Retail Institute (Köln) auf der Basis von 400 Mrd Euro stationärem Einzelhandelsumsatz (ohne Kfz, Mineralöl und Apotheken) lag der Anteil der Barumsätze 2015 bei 52,4% (minus 0,9 Prozentpunkte), während der Kartenumsatz seinen Anteil entsprechend von 43,7 auf 44,5% erhöht hat (s. buchreport.datei Umsatzanteile der Zahlungsarten).
Dabei haben vor allem Kreditkarten zugelegt und ihren Umsatzanteil von 5,3 auf 5,7% erhöht. Das mit 23,2% Anteil immer noch deutlich marktführende Girocard/Electronic-Cash-System hat dagegen 0,5 Prozentpunkte verloren. Ein Comeback, so die EHI-Forscher, erlebe das ebenfalls mit der Girocard verbundene Lastschriftverfahren (ELV) mit Unterschrift, dessen Anteil um 0,8 Punkte auf 14,2% Umssatzanteil gestiegen ist.
DATEI | ||||
Umsatzanteile der Zahlungsarten im stationären deutschen Einzelhandel | ||||
Barzahlung | 52,4% | |||
Kartenzahlung | 44,5% | |||
– Girocard/EC-Cash | 23,2% | |||
– EC-Lastschrift | 14,2% | |||
– Kreditkarte | 5,7% | |||
– Maestro/ V-Pay | 0,8% | |||
– Handelskarte | 0,6% | |||
Rechnungs/Finanzkauf | 2,5% | |||
Sonstige | 0,6% | |||
Basis: Einzelhandelsumsatz 2015 ohne Kfz, Mineralöl, Apothekene, E-Commerce/Versand Quelle: EHI | ||||
buchreport |
■DATEI
EU-Verordnung Interbankenentgelte
Artikel 8.6: „Kartenzahlverfahren, Emittenten, Acquirer, abwickelnde Stellen und andere Anbieter von technischen Diensten statten ein Zahlungsinstrument oder eine an der Verkaufsstelle genutzte Ausrüstung nicht mit automatischen Mechanismen, Software oder Vorrichtungen aus, die die Wahl der Zahlungsmarke oder Zahlungsanwendung des Zahlers und des Zahlungsempfängers bei der Verwendung eines mit mehreren Akzeptanzmarken versehenen Zahlungsinstruments (Co-badging) einschränken. Die Zahlungsempfänger behalten die Möglichkeit, in der an der Verkaufsstelle genutzten Ausrüstung automatische Mechanismen zu installieren, die eine Vorauswahl einer bestimmten Zahlungsmarke oder Zahlungsanwendung treffen, allerdings dürfen die Zahlungsempfänger den Zahler nicht daran hindern, sich bei den Kategorien der vom Zahlungsempfänger akzeptierten Karten oder entsprechenden Zahlungsinstrumenten über diese automatische Vorauswahl, die der Zahlungsempfänger in seinen Geräten festgelegt hat, hinwegzusetzen.“
Quelle: EU-Verordnung 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015
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