Der stationäre Handel ist weltweit unter Druck, die Umsätze sind rückläufig. Auch Frankreichs Buchhandlungen verlieren, die Umsatzrückgänge betrugen in den ersten vier Monaten nach Zahlen des Fachblatts „Livres Hebdo“ im stationären Handel durchschnittlich 3% gegenüber dem Vorjahr (einschließlich Versandhandel betrug der Rückgang lediglich 1%).
Dass die Einbußen im stationären Handel und die stärkere Orientierung der Verbraucher Richtung Online-Shops für Buchhandlungen existenzbedrohend sind, soll eine jetzt in Frankreich gestartete Anzeigenkampagne verdeutlichen, die zunächst bis Mitte September geplant ist. Die verklausulierte Botschaft: Kaufe beim Buchhändler vor Ort, sonst ist er fort.
Die Details:
- Das Anzeigenmotiv zeigt eine junge Frau in einer gut bestückten Buchhandlung, der ein Buch gereicht wird (s. Abbildung unten).
- Als Absender der Anzeigen sind ausgewiesen der Sortimenterverband SLF, der Verlegerverband SNE, die spendenbasierte Association DELC, die die Unterstützung in Bedrängnis geratener Buchhändler zur Aufgabe hat, und das Centre national du livre (CNL) des französischen Kultusministeriums.
- Veröffentlicht wird das Motiv ohne Berechnung in einem Dutzend Zeitschriften und Tageszeitungen, darunter „Le Monde“ und „Le Figaro“ und das Wochenblatt „Le Nouvel Observateur“. Der Wert der Branchenmarketing-Kampagne wird, gemessen an regulären Anzeigenerlösen, mit 500.000 Euro angegeben.
- Die Kampagne soll ca. 30 Mio Kontakte bringen. Ziel ist, ein Drittel der französischen Bevölkerung im Alter über 15 Jahren mit der Kampagne zu erreichen.
Aktion steht in französischer Fördertradition
Die Initiative zu der Aktion sei vom Wochenmagazin „Le Point“ ausgegangen, berichtet die französische Buch-Online-Plattform „ActuaLitté“, worauf die Verbände sich zu einer gemeinsamen Aktion im Medienverbund ermuntert fühlten. Die aktuelle Kampagne ist das erste gemeinsame Projekt dieser Art von Buchhandel, Verlegern und Pressemedien.
Seitens der Regierung hatte es in der Vergangenkeit bereits mehrere Anläufe gegeben, die französische Buchhandelskultur zu pflegen:
- Seit 2009 gibt es das Gütesiegel LIR („Librairie Indépendante de Référence“) für vom Kultusministerium empfohlene unabhängige Buchhandlungen.
- Der Staat bietet finanzielle Soforthilfen für bedürftige Buchhandlungen in Form von zinsfreien Krediten an, welche über das CNL ausgezahlt werden.
Kritik: Bedürfnisse der Buchkäufer nicht im Blick
Die Aktion wird in ersten Reaktionen bei der französischen Buch-Online-PlattformActuaLitté“ und „Livres Hebdo“ auch kritisch kommentiert. Die Botschaft insbesondere des Kampagnentextes wird von einigen Bloggern als Schuldzuweisung gegenüber Lesern angesehen, die Bücher auch oder schwerpunktmäßig über das Internet kaufen. Die Kampagne reflektiere die eigentlichen Bedürfnisse des Lesers nicht und es sei fragwürdig, mit der Beratertätigkeit des Buchhändlers auf einen Mehrwert zu verweisen, den der Leser im Zeitalter der Online-Rezensionen und Community-Kommunikation kaum noch als solchen wahrnehme.
„Die Erläuterung im Anzeigentext: „Mir stehen Tausende Bücher zur Verfügung. Wer wird mir helfen, die richtige Wahl zu treffen, wenn mein Buchhändler nicht mehr da ist? – Der Buchhandel ist lebendig. Mit Ihnen wird er es bleiben.“
Dem Leser soll bewusst gemacht werden, dass er durch den Buchkauf im stationären Handel einen Beitrag dazu leisten, ein „einzigartiges kulturelles Modell“ am Leben zu erhalten.
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