Auf der Frankfurter Buchmesse hat Thalia-Chef Michael Busch den Aufreger für die Branchendiskussion gesetzt. Der Buchhandelsmarktführer greift den Börsenverein an wegen dessen Versuchs, den Streit um die Spreizung der Einkaufskonditionen zwischen großen und kleinen Marktteilnehmern zu befrieden. Der Verband will damit auch eine gerichtliche Auseinandersetzung um den Konditionen-Paragraphen 6 des Buchpreisbindungsgesetzes vermeiden.
Thalia, sieht seine Interessen „vital bedroht“ und kritisiert die Positionierung des Verbands. Busch geht den Verband direkt an und poltert: „Eine Diskussion über Rabatte zu führen, ist unsinnig.“ Busch hatte sich im Vorfeld der Messe mit einem 5-seitigen Rechtsgutachten zum §6 munitioniert, um Top-Konditionen für besondere Leistungen und Innovationen von Händlern zu verteidigen. Auch die von Busch beauftragte Kanzlei setzt mit provokanten Formulierungen Akzente: „Das Gesetz dient nicht dem Schutz und der Erhaltung der Trägheit im Buchhandel.“
Wenn sich Thalia sieht sich „vital bedroht“ und damit den Börsenverein unter Druck setzt: Wie will der Verband die Interessengesetze klammern?
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Als Rentner, tätig in Verlagen von 1964 – 2005, drängt es mich, zum Thema Verlagskonditionen einen Diskussionsbeitrag zu leisten, obwohl es fraglich ist, dass ich aus diesem meinem Status heraus, die Situation überhaupt richtig beurteilen kann.
Die Auseinandersetzungen über Konditionen mit allen drei Sparten gab es schon immer. Was sich neu entwickelt hat, sind die anhaltenden Konzentrationsprozesse und dadurch die Verschiebung von Wirtschaftsmacht und daraus resultierend die Einflussmöglichkeiten. Bei diesen Prozessen spielt außerdem der Einfluss der Digitalisierung eine neue grundlegende Rolle, die Veränderungen in allen Bereichen nach sich zieht. Große Funktionsbereiche im Buchwesen haben sich in den letzten Jahren teilweise vollständig geändert und werden sich weiter wandeln.
Das ist nichts Neues, trotzdem erwähne ich das, weil – nun kommen wir zum Thema – nun auch die Konditionsfragen nicht mehr zu umgehen sind. Alles hängt miteinander zusammen, gesetzliche Buchpreisbindung, digitale Entwicklung, die wesentlich mehr darstellt und nicht nur einzelne Funktionen im Betrieb übernimmt. Es werden neu Wege in allen Funktionen des Betriebes übernommen und ganz neue Bereiche z. B. in der Kommunikation mit potenziellen Buchkäufern oder neue Vertriebswege erschlossen und geplant. Damit wird die Digitalisierung auch zum übergeordneten Führungsinstrument der Unternehmung und damit sind auch ganz neue Kostenarten zu berücksichtigen, die bisher nicht aufgetreten sind oder noch auftreten werden. Diese Situation und die sich weiterhin verstärkenden Konzentrationsprozesse verlangen betriebswirtschaftlich eine höhere Marge zwischen Einkauf und Verkauf.
Da es eine eigene Kalkulation zur Preisfindung im Sortiments-Buchhandel nicht gibt, ist man auf die Konditionen der Verlage angewiesen, um diesen Wandel erfolgreich zu gestalten. Da der Handel jedoch seine interne Kalkulation aufstellen muss, mit dem Ziel seine Rentabilität zu erhalten, kommt es zu Konditionsgesprächen mit den einzelnen Verlagen, weil die Rentabilität nicht mehr erreicht wird. Die Verlage können den Anforderungen der Handelsstufe folgen oder das Risiko eingehen, dass die Händler sich für andere Verlage entscheiden (müssen).
Das ist jeweils die unternehmerische Entscheidung eines Verlages und trifft dort ebenfalls auf die interne Kalkulation des Buchpreises. Nicht immer müssen die höheren Konditionsanforderungen zum höheren Ladenpreis führen, es kann sich auch durch höhere Verkaufszahlen rechnen. In aller Regel jedoch werden diese Konditionsanforderungen zu einem höheren Ladenpreis führen (müssen), wenn man auch hier nicht neue Wege mithilfe der Digitalisierung geht.
Die Konzentration im Handelsbereich führt natürlich dazu, dass die Verlage hier höhere Konditionen einräumen müssen, das ist in der Vergangenheit auch so gewesen. Die Diskussion mit der 50% igen Rabattgrenze gab es immer und wurde auch in früheren Jahren (kann ich jetzt hier „ungestraft“ aussagen) überschritten, und zwar immer, wenn nicht nur mengenmäßig, sondern regelmäßig auch dann, wenn Vereinbarungen mit außergewöhnlichen Aktionen und Engagement getroffen wurden. Daher – und das lässt meiner Meinung nach auch das jetzt gültige Gesetz zur Preisbindung zu – sollte man diese Auseinandersetzung über die Konditionen nicht dahingehend ausweiten, dass man sogar im Börsenverein zu einer Auseinandersetzung kommt. Es ist sicherlich angebracht, die Konditionsfrage, die alle beteiligten Seiten gleichermaßen betrifft, so in den Einzelfällen zu regeln, dass keiner sich als der Unterlegene begreift. Die „Marktmächtigen“ müssen sich ihrer Verantwortung gegenüber den schwächeren Partnern bewusst sein und auf gleicher „Augenhöhe“ verhandeln. Jeder der Partner und ich schließe das Barsortiment ein, muss sich seiner Verantwortung gegenüber der Gesamtheit bewusst sein. Hierbei sehe ich auch eine ganz wesentliche Aufgabe des Börsenvereins, der den Strukturwandel seiner Mitglieder aktiv zu betreuen hat.
Das Wichtige ist bei diesen Konditionsfragen, bei allen Auseinandersetzungen zu beachten, dass die Vielfältigkeit (in jeder Hinsicht), die dreistufige Spartensituation und die Unabhängigkeit des Buchwesens vom Staat zu befördern und zu erhalten ist. „Auswüchse“ sind Gründe und Vorwand für staatlichen Eingriff. Die Wirtschaft und Gesellschaft sind in einer Umbruchzeit, das hat auch zur Folge, dass das Buchwesen sich auch verändern muss und bei diesem Wandel sind die Konditionsfragen aus meiner Sicht nur jetzt plötzlich eine sichtbar gewordene, natürlich wichtige, Randerscheinung, die nun die bevorstehenden und bereits begonnenen grundlegenden, existentiellen Veränderungen des Buchwesens für alle verständlich in den Mittelpunkt rücken.