„Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Und daher wird es in diesem Herbst keine gedruckten Vorschauen von uns geben.“ „Unsere Herbstvorschauen erhalten Sie dieses Mal ausschließlich digital.“ Solche Hinweise erhielten in den vergangenen Wochen Medienvertreter per Mail von mehreren Publikumsverlagen.
Die Digitalvorschau und die von vielen Buchhändlern abgelehnte Abschaffung der Printvorschau steht seit der Ankündigung von Random House aus dem Jahr 2018, künftig ausschließlich Digitalvorschauen zu verbreiten, auf der Agenda. Erhält das Thema jetzt eine ganz neue Dynamik?
Von Dorling Kindersley hieß es etwa schon vor einem Monat: „Der DK Verlag hat seine Ressourcen seit Beginn der Coronakrise auf digitale Inhalte konzentriert. Nun hat sich der Verlag dazu entschieden, auf die gedruckte Vorschau zu verzichten und die Herbstnovitäten ausschließlich in digitaler Form zu präsentieren.“
Aber auf den großen Umschwung verzichten die Verlage (vorerst): Eine aktuelle buchreport-Umfrage zeigt, dass viele von ihnen auch in der Corona-Ausnahmesituation am üblichen Vorschauprozedere festhalten.
Print für Händler, digital für Journalisten
So stellt Bastei Lübbe die Herbstvorschauen „in gewohnter Art und Weise“ zu, erklärt Vertriebsleiterin Annett Brandt. Auch viele weitere Häuser, darunter der Kinderbuchverlag Ueberreuter, der Sachbuchverlag Herder und der literarische Wallstein Verlag, versenden ihre Printvorschauen nach eigenen Angaben in der üblichen Stückzahl.
Allerdings räumen zahlreiche Verlage ein, dass sie an Medienvertreter diesmal weniger gedruckte Vorschauen verschicken. Hintergrund: Im Gegensatz zu den Sortimentern befinden sich viele längerfristig im Homeoffice, sodass sie die Papierpost oft nicht erreicht. Die Holtzbrinck-Verlage Fischer und Kiepenheuer & Witsch (KiWi) erklären ebenso wie die Presseteams von Hoffmann und Campe, C.H. Beck und Edel, für den Presseverteiler sei man auf die digitale Vorschau umgestiegen.
Auch darüber hinaus versuchen die Verlage angesichts der angespannten finanziellen Lage im Bereich der Vorschau Kosten zu sparen. So verkündet KiWi-Verlegerin Kerstin Gleba, der Verlag habe „in einer etwas einfacheren Papierqualität“ drucken lassen und mehrere Verlage, u.a. Klett-Cotta, Hanser, Gmeiner und Schöffling geben an, ihre Verteiler reduziert zu haben.
Statements zum Vorschau-Handling
- Laura Hage (HarperCollins): „Wir glauben, dass gerade jetzt der Buchhandel auf umfassende Informationen seitens der Verlage zurückgreifen können muss und sehen die Vorschauen samt Leseexemplaren als wichtigen Beitrag zur Stärkung der Beratungskompetenz des Sortimenters!“
- Friedemann Hruby (SCM): „Wir haben tatsächlich in der üblichen Stückzahl ausgeliefert. Es geht uns darum, zu zeigen, wir sind da, wir sind aktiv. Wir wollen damit auch Mut und Hoffnung machen.“
- Anke Hardt (dtv): „Selbstverständlich stellen wir fürs Herbstprogramm gedruckte Vorschauen zu! Unsere Händler sollen in diesen Zeiten gewohnt arbeiten können. Ebenso werden unsere Außendienstkollegen reisen. Wenn gewünscht, werden sie persönlich erscheinen, alternativ finden die Termine per Videokonferenz statt.“
- Tanja Postpischil (Suhrkamp): „Unsere Vorschauen haben wir ausgeliefert – die Journalisten freuen sich ja auch daheim über schöne Aussichten, so dachten wir …“
- Ruth Geiger (Diogenes): „Wir möchten nach wie vor an der gedruckten Vorschau festhalten.“
- Stephanie Daut (Mare Buch): „Den März haben wir abgewartet, um etwaige Programmanpassungen vornehmen zu können. Welche Entscheidungen treffen andere Verlage, was ist die beste Lösung für unser Programm und unsere Autoren? Das bedeutete natürlich, dass die Programmvorschau nicht wie geplant in Druck gehen konnte. Wir verschicken die Printvorschau nun erst Anfang Juni.“
- Mariella Becherer (Kosmos): „Wir sind schon seit ein paar Jahren dabei, den Anteil der digitalen Vorschauen zu erhöhen. Diese Strategie verfolgen wir kontinuierlich weiter. Es wird aber auch in diesem Herbst noch gedruckte Vorschauen geben.“
- Ulrike Bauer (Schwarzkopf & Schwarzkopf): „Die Herbstvorschau 2019 war die letzte gedruckte Vorschau, damit sind wir auch sehr gut gefahren. Nur eine ganz kleine Minderheit unserer Kunden liest überhaupt noch gedruckte Vorschauen. 99% unseres Umsatzes kommt durch Kunden, die schon länger keine gedruckten Vorschauen mehr haben wollen.“
Ich kann Händler gut verstehen, die KEINE digitale Vorschau wollen – Tausende von Seiten am PC durchblättern nervt bis zum Abwinken! Ein Bildschirm und dann tausend Seiten von zig verschiedenen Verlagen – da dreht jeder durch! Viele Händler (und nicht nur diese!) finden es angenehm, in Papierkatalogen zu blättern. Es ist auch übersichtlicher, man kann sich Sticker dran machen, was wichtig ist, was bestellt werden soll. Das geht auf dem Bildschirm nicht – und dann heißt es: Aus dem Augen, aus dem Sinn, es wird vergessen. Kommt es den Verlagen echt nur auf ein paar gesparte Euro für Papier und Porto an?!?!? Und wie viele Kunden und wie viel Umsatz gehen dadurch verloren?!? Ich würde das mal gegenrechnen.
Warum schicken wohl große Händler (Weltbild, Jokers und andere Konsumgüterhändler) immer noch Papierkataloge an Millionen Kunden herum? Weil die auch wirklich angeschaut werden und es zu Bestellungen führt!!!