Noch ist es zu früh, für eine finale Bilanz zur London Book Fair, die noch bis Mittwoch-Nachmittag dauert (eine Bilanz ist im neuen buchreport.express zu lesen, der am morgigen Donnerstag, 14. April, erscheint). Doch die zufriedenen Gesichter im restlos ausgebuchten Agentencenter im ersten Stock deuteten auf ein positives Fazit hin.
„London war dieses Jahr eine sehr angenehme und unaufgeregte Arbeitsmesse. Wir hatten schöne Abschlüsse“, berichtet Joachim Jessen von de Agentur Schlück gegenüber buchreport.de. Frankfurt sei größer und anstrengender, daher liefen die Gespräche in London deutlich entspannter ab.
Doch Jessen vermisste wie viele andere Agenten in London „ein richtiges Highlight“.
Das hat zum einen damit zu tun, dass viele Toptitel bereits im Vorfeld vergeben wurden – so wie die neue Romanserie von Self-Publishing-Phänomen Amanda Hocking, die kürzlich hoch siebenstellig in den USA an den Holtzbrinck-Verlag St. Martin’s Press ging (buchreport.de berichtete). Andererseits sichten die Lektoren mehr und mehr kritisch, was ihnen angeboten wird. Die schwache Buchkonjunktur zeigt womöglich ebenfalls Wirkung.
Doch auch wenn es bislang kein „großes Buch“ in London gab – diese Bücher sorgten dennoch für Gespräche:
- Der ägyptische Internet-Aktivist Wael Ghonim (arbeitet für Google) saß in einem Konferenzraum im Agentenzentrum und referierte zu Werbezwecken stundenlang über seine Erfahrungen in Ägypten; seine Agentur Inkwell Management erwartet ein internationales Interesse an seinem Buch „Revolution 2.0“.
- Little, Brown sicherte sich die Biografie von Apple-Chef Steve Jobs.
- Simon and Schuster UK erwarb die britischen Rechte der Memoiren von Ex-Außenministerin Condoleeza Rice.
- Die Memoiren von Aerosmith-Frontman Steven Tyler gingen an HarperCollins.
- Den Bildband zum Leben von Beatles-Gitarrist George Harrison sicherte sich Abrams.
Der deutsche Agent Michael Gaeb hat laut PW beobachtet, dass sich US- und britische Verlage wieder stärker für die Übersetzung von internationalen Romanen interessieren, und zwar trotz des Welterfolgs von Stieg Larssons „Millennium-Trilogie“ auch für Titel jenseits der skandinavischen Region.
Auch Jessen beobachtet diesen Trend: „Wir haben auch schon einige Verträge abgeschlossen, zum Beispiel für Dora Heldt und Dörthe Binkert. Vielleicht müssen selbst die Amerikaner und Engländer sich in einer globalen Welt einmal dafür interessieren, was in anderen Märkten erscheint“, vermutet der Agent aus Garbsen.
Unvermeidliches Dauerthema bei der wichtigsten Lizenzmesse des Frühjahrs ist vor dem Hintergrund der explosiv steigenden E-Book-Verkäufe in den USA der Umgang mit digitalen Rechten. Andrew Nurnberg (Andrew Nurnberg Associates, London): „Wir stochern nicht mehr im Nebel, aber es sind immer noch viele Fragen offen. Es bleibt spannend.“
Demgegenüber erklärte Katie Dublinski (Graywolf Press), die zum ersten Mal in London war, dass dort überraschenderweise viel weniger über E-Books gesprochen worden sei als in Frankfurt, wo fast jedes Gespräch mit der Frage geendet habe: „Und was machen Sie im Bereich E-Books?“ (Publisher’s Weekly)
Brian DeFiore (DeFiore and Company) erklärte PW, dass man in Großbritannien nicht davon ausgehe, dass E-Books den Markt so schnell durchdringen wie in den USA.
Kommentar hinterlassen zu "Kein Knüller in Sicht"