In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (13.8.) bekommt die Buchhändlerin Martina Schillings einen großen Auftritt: Für ein Interview mit der Sortimenterin, die vor 25 Jahren in Würselen die Buchhandlung von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz übernommen hatte, räumt das Blatt eine komplette Seite im Wirtschaftsteil frei. Dabei geht es nicht nur um Schulz, sondern auch um den Buchhandel in der Zeit vor Google, um Nackenbeißer und die Frage, welche Bücher ihr nicht ins Regal kommen.
Die 52-Jährige Buchhändlerin berichtet über ihre Buchhändler-Ausbildung bei Martin Schulz, den sie über die SPD und ihren Vater kennengelernt hatte. Damals gab es in der Buchhandlung von Schulz noch keine Computer, daher musste sie sich in viele Bereiche einarbeiten und Fachbegriffe auswendig lernen, erinnert sich Schillings an die Zeit vor Google, als eine schnelle Internet-Recherche noch nicht möglich war.
Nach dem Ende ihrer Ausbildung hatte sie zunächst in einer Buchhandlung in Bonn gearbeitet, als sie in einem Werbeblättchen von der Schließung der Buchhandlung Schulz erfuhr und sich entschloss, das Geschäft zu kaufen. Auf die Frage, ob Schulz bei der Ablöse gnädig gewesen sei, antwortet sie: „Nein, das ist genau und fair aufgerechnet worden. Es war eigentlich schon alles unter Dach und Fach, es standen schon kaum noch Bücher hier. Nur die Regale waren noch da, aber ohne die hätte es für mich auch keinen Sinn gemacht. So ganz von null anzufangen…“
In den 25 Jahren seit Übernahme der Buchhandlung habe sich schon etwas verschoben im Konsum und in der Wertschätzung der Bücher, meint Schillings. Es gebe viel mehr schnelllebige Literatur, die anschließend getauscht, verschenkt oder weggeschmissen werde. Beispiele seien Romane à la „Fifty Shades of Gray“, Titel die Buchhändler früher „Beißerbücher“ genannt haben: „Wo die Damen immer in den Armen irgendwelcher Männer lagen, die sich über sie drüberbeugen und man dachte: ‚Der beißt jetzt gleich in ihren Hals rein.‘“
Gefragt nach Büchern, die ihr nicht ins Regal kommen, nennt Schillings einen ehemaligen SPD-Politiker und obligatorischen Gottseibeiuns des Buchhandels: „Thilo Sarrazin hatten wir zum Beispiel nicht. Den haben wir den Kunden nur auf Wunsch bestellt. Solche Sachen stelle ich nicht ins Regal. Da habe ich beim ersten Buch eine Riesendiskussion mit vielen Kunden hier gehabt, die sich auf ihre Meinungsfreiheit berufen haben. Aber die habe ich ja auch. Und ich habe das Buch ja auf Nachfrage bestellt.“ Von Martin Schulz hat sie natürlich alles da.
In dem Bücherregal, das in diesem Artikel der FAS abgebildet ist, geht es drunter und drüber. Hoffentlich hat Martina Schillings das nicht von Martin Schulz gelernt …