Die Verwertungsgesellschaft nehme „vor allem gesetzliche Vergütungsansprüche, zum Beispiel die ,Kopierpauschale‘ wahr, die als sogenannte ,Zweitrechte‘ keine Ausschüttung ermöglichen, die den Lebensunterhalt eines Autors absichern könnten. ,Erstrechte‘, die Gegenstand des Verlagsvertrags sind, werden nicht über die VG Wort abgewickelt“, wird u.a. betont. Im Übrigen gelte „auch bei der VG Wort, dass Vergütungen für Werke grundsätzlich nur gezahlt werden, wenn diese kopiert, ausgeliehen, in das Intranet von Hochschulen und Schulen eingestellt oder in sonstiger Weise relevant genutzt werden“. Es gebe keine Garantie auf einen jährlichen Scheck der VG Wort.
Und unter dem Punkt: „Was spricht dafür, dass Verleger an den Einnahmen aufgrund der gesetzlichen Vergütungsansprüche auch in Zukunft beteiligt werden“ wird darauf hingewiesen, dass Verleger, anders als Filmproduzenten oder Tonträgerhersteller kein eigenes Leistungsschutzrecht besitzen. „Dennoch erleiden auch sie einen materiellen Schaden dadurch, dass die von ihnen produzierten Werke aufgrund von gesetzlichen Regelungen, wie beispielsweise der Privatkopie, genutzt werden können. Im Ergebnis wäre es deshalb nicht gerechtfertigt, wenn Verleger – anders als Filmproduzenten und Tonträgerhersteller – leer ausgehen würden“, argumentiert die VG Wort.
Natürlich werden Verlage durch Kopien der von Ihnen produzierten Werke geschädigt. Das ist bedauerlich, und die aktuelle Rechtsprechung zu der Sache (wiss. Verlage) stellt einen Skandal dar. Allerdings hat die VG Wort nicht den Auftrag, sich dieses Themas anzunehmen. Der Hinweis darauf ist ehrenwert, aber unerheblich.
Dass Autoren nicht von den VG Wort-Ausschüttungen leben können, ist auch wahr. Aber auch dieses Argument ist unerheblich – in dem Rechtsstreit geht es nicht um den Anspruch, dass die VG Wort den Lebensunterhalt von Autoren sichert, sondern darum, dass sie sich an ihre Vorgaben hält.
Die VG Wort ist gesetzlich verpflichtet, ihre Ausschüttungen an Urheber vorzunehmen, und zwar ausschließlich. Verlage sind vieles, aber sie sind KEINE Urheber. Wenn die VG Wort es für nötig befindet, sie an den Ausschüttungen zu beteiligen, mag dies ebenfalls ehrenwert sein, aber es widerspricht eben dem gesetzlich formulierten Auftrag.
Mag sein, dass das Justizministerium die bestehende gesetzliche Grundlage ändert. Das ändert allerdings nichts daran, dass die VG Wort in den vergangenen Jahren die Ausschüttungen an Autoren widerrechtlich verkürzt hat.
Auch ich gehöre zu denen, deren Einkünfte durch das unrechtmäßige Verhalten der VG Wort deutlich gekürzt wurden. Und ich weiß, dass es vielen, vor allem kleinen Verlagen, schwer fallen wird, die an sie gezahlten Gelder zu erstatten.
Schadenfreude liegt mir deshalb fern.
Mitleid mit den Verlagen, die unrechtmäßig Gelder erhalten haben, liegt mir allerdings ebenso fern – und noch sehr viel ferner liegt es mir gegenüber der VG Wort, die sich beharrlich und gegen viele wohlgemeinte Ratschläge in die aktuelle Situation hinein manövriert hat.
Ich hatte mich bisher nie eingehender mit der VG Wort beschäftigt, aber, wie vermutlich viele im Augenblick, mir jetzt mal genauer die Infos und Dokumente auf deren website angesehen. Ich bin entsetzt über so viel herrische Arroganz. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man denken, das sei ein privater, elitärer Club, und nicht eine Institution, die treuhänderisch die Ansprüche von rund einer halben Million Urhebern verwalten soll. Die Verlautbarungen lesen sich oft wie „Das Zentralkomitee der VG Wort gibt bekannt.“ Am schärfsten fand ich die Erläuterungen zum wissenschaftlichen „Förderungsfonds“. Um eine solche Förderung der Druckkosten können sich Autoren wissenschaftlicher Werke bzw. deren Verlage bewerben – und diejenigen, die abgelehnt werden, werden seitenlang hämisch abgekanzelt: „Mittelmäßigkeit ist das Einzige, was die VG Wort nicht fördert“ steht da z. B., oder: „Der Bewilligungsausschuss kann nicht nur das Unnütze ignorieren, er muss es sogar“. Dass man nicht alles fördert, was vorgelegt wird, ist klar, aber das dann öffentlich als „unnütz“ zu bezeichnen, das lässt doch tief blicken. Dann werden ein paar Beispiele für Anträge genannt: eine Arbeit über Homosexualität in der Literatur wird als „delikates Thema“ bezeichnet. Es wird Zeit, dass diese Institution mal etwas in den Fokus der Öffentlichkeit gerät und modernisiert wird.