Als Leiterin des Bereichs Digitales Publizieren beim Verlag Hoffmann und Campe hat Karla Paul (Foto: Raimund Verspohl) in diesem Jahr einen beruflichen Neustart gewagt – und war von der Offenheit ihrer Kollegen positiv überrascht. 2015 will sie sowohl einen neuen Digitalverlag als auch ein eigenes Buch auf den Weg bringen.
Das hat mich am meisten gefreut:
Ich bin in diesem Jahr von LovelyBooks.de (Holtzbrinck) zu Hoffmann und Campe (Ganske) gewechselt und habe die Leitung für die digitalen Projekte übernommen. Von vielen Digitalkollegen hörte ich, dass der Einstieg nicht einfach werden würde und man wohl oft mit Vorurteilen bzw. Grabenkämpfen zwischen Online und Offline zu kämpfen hätte. Ich wurde aber entgegen allen Befürchtungen sehr positiv mit vielen Ideen aus allen Abteilungen empfangen und hatte so von Anfang an einen tollen Einstieg in die neue Position. Zudem freue ich mich sehr über das Vertrauen, das in die zukünftigen Entwicklungen und auch in mich als Person investiert wird.
Das hat mich am meisten geärgert:
Stets und ständig muss man sich als Mitarbeiter der Buchbranche nach außen verteidigen. Die Medien verbreiten für mein Empfinden viel zu oft ein negatives Bild von einer angeblichen Rückständigkeit bei Verlagen und dem Handel. Ich arbeite seit Jahren mit sehr erfolgreichen Firmen und Buchhändlern zusammen und kann diesen Missmut nicht nachempfinden und für einen gemeinsamen Weg in die Zukunft können wir das auch nicht brauchen. Wenn wir unsere gemeinsamen Erfahrungen mit neuen Möglichkeiten zusammenwerfen und motiviert weiterhin gute Inhalte auf den Weg bringen, dann sehe ich keinen Grund für Pessimismus.
Das war mein größter Irrtum:
Dass ich mehr Zeit fürs Lesen hätte, wenn ich in einem Verlag arbeite.
Dies war meine Heldin/mein Held des Jahres:
Auf eine Person will ich mich da nicht festlegen. Ich bewundere Jennifer Kroll (Leitung Eden Books Berlin) sehr für ihre Leidenschaft, mit der sie geliebte Projekte sympathisch und mit viel Elan durchzieht. Sie hat in diesem Jahr gleich
mehrere Titel gleichzeitig auf die Bestsellerliste gebracht und balanciert mit Erfolg zwischen Berufs- und Privatleben. Außerdem freue ich mich mit Beate Kuckertz und ihrem Erfolg mit ihrem Digitalverlag dotbooks. Sie wurde in der Branche erst ziemlich belächelt und beweist mit inzwischen über 800 Titeln und einem tollen Team sowie schwarzen Zahlen, dass ihr Riecher für ein gutes Programm nicht nur für den Printbereich gilt. Zu guter Letzt Markus Michalek, der neben seiner Arbeit für die AVA Agentur von Roman Hocke die Münchner Indieliteratur fördert, ein eigenes Literaturmagazin betreut, mit seinem Hund
Kalle Berge besteigt sowie die Nacht für täglich wachsende Manuskriptstapel nutzt. Ich verdanke ihm viel und finde bei ihm immer ein offenes Ohr als Agent, Literaturexperte und Freund. Danke dafür Richtung München.
Das habe ich 2014 am liebsten gelesen:
„Die niedrigen Himmel“ von Anthony Marra aus dem Suhrkamp Verlag. Mit unglaublichem Talent schildert der noch relativ junge Journalist und Autor Marra die Kriegsgeschehnisse in Tschetschenien und erschüttert und unterhält den Leser gleichzeitig. Kurz bevor es in zu viel Drama zu rutschen scheint, rettet er seine Charaktere mit schwarzem Humor und zeilenlangen Sätzen, die in sich bereits wunderbare Geschichten sind.
Das steht auf meiner persönlichen Agenda 2015 (Top-3):
1) Meinen Digitalverlag 1781 an den Start bringen.
2) Mein Buch „Das Alphabet der Bücher“ endlich veröffentlichen. (Sorry, Heyne Verlag)
3) Regelmäßig zum Pilates gehen. Diesmal wirklich. Ernsthaft.
Das muss sich in der Branche 2015 ändern:
Die Pessimisten sollen sich bitte endlich ein Hobby suchen und die Autoren, Verlage und Buchhändler in Ruhe arbeiten lassen.
Die Medien sind Schuld?
Hmm, bei einer solchen Aussage werde ich immer nervös. Wenn sie dann noch aus der Medienecke kommt, dann kratze ich mich mehr als verwundert am Kopf.
Nur, diesmal hat die Autorin recht.
Allerdings nicht so wie sie es gemeint hat. Das Bild der Verlagsbranche wurde in letzter Zeit sehr von den Handlungen spezieller Teile der Medienbranche in der Öffentlichkeit geprägt, den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen. Besonders vom lächerlichen Leistungsschutzrecht, dass sich die Verlage bei der Politik bestellt, bezahlt und geliefert bekommen haben. Nur um dann erstaunt festzustellen, dass man damit auch keinen zusätzlichen Fetzen Papier verkaufen kann. Das war ja nicht der einzige Versuch. Zuvor wurde die PC-Abgabe gefordert, die Kulturabgabe, und der Mindestlohn für Zeitungszusteller wurde unterwandert.
Auch die Buchverlage haben sich in der Vergangenheit nicht lumpen lassen. Ich erinnere mich an diverse Hass- und Brandreden in der Vergangenheit auf der Frankfurter Buchmesse. Oder die Forderung nach Internetsperren. Ich sehe, oh welche Ironie, Wissenschafts- und Technik-Verlage, die lieber untergehen, als ihre Werke in elektronischer Form anzubieten.
Es sind nicht die Medien schuld, die darüber berichten, sondern die Verlage, die dieses Unheil angerichtet haben. Daher wie immer bei solchen „die Medien sind Schuld“-Behauptungen mein Standardtipp: So eine Behauptung wird glaubwürdiger wenn man damit beginnt den Bockmist zu unterlassen, der einen anfangs in die Medien gebracht hat.
Die letzte Feststellung von Karla Paul: ,Die Pessimisten sollen sich bitte endlich ein Hobby suchen und die Autoren, Verlage und Buchhändler in Ruhe arbeiten lassen` gefällt mir sehr.
Ja, was wir benötigen ist ein positives Denken auf allen Ebenen, denn durch das negative Sehen und den dauernden negativen Bildern und Prognosen geht absolut nichts voran.
Es ist dies dann eine Stagnation pur auf der ganzen Linie und manche Menschen verhalten sich dann wie als ob sie gelähmt sind.
Deshalb mal sozusagen den ,Hut ab` für Karla Paul, die in ihren Bereichen doch so flott jetzt einige Dinge ganz gut bewegt hat.
In ihren Äußerungen ist sie von sich selbst überzeugt und dies macht und verbreitet doch auch Mut, wenn es da jemanden gibt, wo eben auch richtig die Sachen anpacken möchte und sich dabei nicht unterkriegen lässt.
Man sollte sich auch vom Buch nicht ganz verabschieden wollen:
Auf der einen Seite das Buch in seiner haptischen Form (also das Buch in die Hand nehmen können) und auf der andren Seite eben E-Books und die Digitalisierung.
Man muss und soll te dies eben in einem größeren Rahmen sehen können.
Gewiss kann man Schüler in der ersten Schulklasse nicht gleich an den Pc und an digitalisierte Texte führen.
Dies wäre eine Überforderung ersten Ranges.
Kinder sollten erst doch einmal den Umgang mit Büchern lernen
und auch das Lesen wieder besser in sich aufnehmen wollen.
Es ist leider heute die Gefahr vorhanden, dass Kinder mit Wissen geradezu zugefüllt werden und dann sozusagen vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen können.
Auch wäre es gut, wenn in den Kindergärten und in den Schulen wieder die Vernunft einen besseren Stellenwert bekommen würde.
Und in diesem Sinne also alles mit Vernunft, Maß und Ziel eben abzuwägen.
Dann wäre es auch möglich, dass langsam die Individualität des einzelnen Menschen wieder etwas besser zur Geltung kommen könnte.
Mut zur Veränderung, aber auch eine Sicht was man doch letztendlich bewahren sollte.
H. Kraft
Unterhaltsames Interview und sehr interessant wie vernetzt und gemeinschaftlich die Buchbranche sich zeigt. Es geht anscheinend nicht um Eitelkeiten, sondern um das was alle ausmacht, das Buch. Davon kann man sich was abschauen!
Es darf sich auch in der Autorenarbeit der Verlage das eine oder andere ändern. Der Anteil der muttersprachlichen Autoren mit fremdsprachiger Zusatzkompetenz darf höher werden, denn hier gibts keinen Mangel an Talent, sondern einen Mangel an Infrastruktur für Autoren-Ausbildung und -promotion. Buchautoren sollten professioneller ausgebildet werden, damit z. Bsp. Verfilmungen, Comic- Umsetzungen und Export die Regel werden können. Bsp: Ein Buchautor sollte mit visuellem Touch schreiben können, das muß die Reflektion nicht behindern.
LG
Michael Musal
http://michaelmusal.com
http://pro.imdb.com/name/nm478…
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