Die Reaktionen auf die Meldung, dass ein Eigentümerkonsortium unter Federführung der Verlegerfamilie Herder den Buchhandelsfilialisten Thalia übernehmen will, fallen unterschiedlich aus. Ein paar Schlaglichter:
- Marc Reichwein kommentiert in der „Welt“: „Verlag leistet sich Buchhandel – das ist als Trend nicht neu, aber bemerkenswert. Einerseits sind Verlage oft auch Buchhändler gewesen. Das historische Modell der Verlagsbuchhandlung steht dafür. Andererseits fällt auf, dass der Anteil des Direktvertriebs durch die Verlage seit Jahren wächst. In einer Branche, die sich traditionell viel auf ihr Einvernehmen zwischen Herstellung, Großvertrieb und Einzelhandel einbildete, schauen immer mehr, wo ihre Bücher bleiben.“ Er hoffe, „dass Thalia sich mit Herder als Mehrheitseigentümer wieder mehr aufs Kerngeschäft der Bücher (statt auf Non-Books) besinnen wird“.
- Die größte Aufmerksamkeit wird Verleger Manuel Herder zuteil. So titelt das „Handelsblatt“ „Das Risiko seines Lebens“ und konstatiert: „Es ist kein Zufall, dass nun ausgerechnet Herder, eine der ältesten Verlegerfamilien im deutschsprachigen Raum, die Mehrheit an Deutschlands größter Buchhandelkette übernimmt. Es war Manuel Herder, 50, der in all den Jahren den Kontakt zu Henning Kreke, 51, Chef der Douglas-Gruppe, zu der auch Thalia gehört, pflegte“ – nachdem Herder vor 20 Jahren seine eigenen Buchhandlungen an die Familie Kreke verkauft hatte.
- Die „Badische Zeitung“ hat sich nach Herders Motiven erkundigt: „Herder nannte zwei Gründe für den Einstieg bei Thalia. Zum einen sei die Kette nach der Sanierung ein gesundes Unternehmen. Dass die vom geschäftsführenden Thalia-Gesellschafter Michael Busch genannten zwei Prozent Umsatzwachstum pro Jahr nicht aufregend seien, ließ Herder nicht gelten. Es handle sich um ein stabiles Geschäft, das auch ertragsstark sei. […] Das zweite Argument des Verlagschefs: Mit den 280 Filialen habe man engen Kontakt zu den Kunden, man erfahre schnell, was beim Publikum gefragt sei und könne das Verlagsprogramm anpassen.“ Das Blatt wertet die Übernahme „auch als klare Investition in die digitale Zukunft“.
- Die Zukunftsperspektiven beleuchtet auch die „Süddeutsche Zeitung“. Thalia sei mit dem Tolino und Projekten wie dem Lektüreempfehlungsservice Thalia Next digital bereits gut aufgestellt – und habe ab sofort einen Fachmann im Gesellschafterkreis: „Wenn man so will, bringt die Familie Herder die Tradition ein. Derjenige, der für die Zukunft sorgen soll, heißt Leif Göritz.“ Er schwärme genauso für Thalia wie Herder, Busch und Kreke. „Nur aus einem anderen Grund: Thalia, so sagt Göritz, sei mit dem Tolino etwas Einmaliges gelungen.“
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