Wo steht die angeschlagene KNV-Gruppe? Vier Wochen nach der Zahlungsunfähigkeit des Buchlogistikers beleuchtet der vorläufige Insolvenzverwalter Tobias Wahl den aktuellen Stand und nennt die nächsten Schritte: „Ich habe einen Crashkurs in der Buchbranche gemacht, und ich muss sagen, es ist eine sehr bemerkenswerte Branche. Wir spüren eine unglaubliche Solidarität von Verlagen und Buchhandlungen“, so Wahl im Anschluss an die letzte Infoveranstaltung des Börsenvereins in Düsseldorf, die der Verband für betroffene Mitgliedsfirmen im Rahmen einer bundesweiten „Roadshow“ aufgezogen hatte.
Das sind die nächsten Meilensteine im Drama um KNV:
- Ende April wird der vorläufige Insolvenzverwalter seine Gutachten an das Gericht senden.
- Das Insolvenzverfahren könnte dann zum 1. Mai vom Gericht eröffnet werden, dann sind auch die 3 Monate abgelaufen, in denen die Mitarbeiter Insolvenzgeld erhalten.
- Voraussichtlich Ende Juni, Anfang Juli könnte die 1. Gläubigerversammlung stattfinden. Dann wird ihnen auch über die Ursachen der Insolvenz Bericht erstattet.
Insolvenzverwalter Wahl zur Lage und zur Stimmung: „Wir haben auch durch die Info-Veranstaltungen mit dem Börsenverein und die Kundeninformationen Vertrauen schaffen können. Das führt dazu, dass wir lieferfähig sind und den Geschäftsbetrieb fortführen können. Das Unternehmen läuft. Wir haben Mitarbeiter, die sehr gut und sehr motiviert sind. Und wir haben funktionierende Prozesse und funktionierende Teams im Unternehmen.“
Wie weit ist Wahl bei seinen Gesprächen mit möglichen Investoren? Hier hält sich der vorläufige Insolvenzverwalter bedeckt: „Die Verhandlungen, die wir führen, sind natürlich streng vertraulich. Wir haben keinen besonderen Zeitdruck und nehmen uns die Zeit, die wir brauchen“. Die Sanierung aus Bordmitteln ohne einen Investor hält Wahl für nicht realistisch.
Bleibt das KNV-Konstrukt der Kombination aus Barsortiment und Verlagsauslieferung bestehen? Wahl: „Das ist das Ziel und ich bin positiv gestimmt.“
Zu den Zukunftsoptionen gehört die Übertragende Sanierung, d.h. die Fortführung des Unternehmens in einer neuen Gesellschaft durch einen Investor nach einem Schuldenschnitt. Vorteil für die Gläubiger: Der Erhalt und die Fortführung des Unternehmens bringen letztendlich mehr, als das Filetieren zum geringeren Zerschlagungspreis. Das ist aber alles noch Zukunftsmusik.
Hauptgläubiger von KNV sind die Banken. Wahl: „Sie stehen dem Unternehmen grundsätzlich positiv gegenüber und haben Unterstützung signalisiert.“
Womit müssen betroffene Verlage rechnen? „Egal ob die Quote hoch ist oder niedrig, die normalen Insolvenzgläubiger werden erst in Jahren Geld sehen. Deshalb raten wir dringend, die Forderungen, die bei KNV zum 14. Februar offen waren, aus der Jahresplanung und aus dem Liquiditätsplan herauszunehmen. Wenn ein Verlag merkt, dass ihn das herausrechnen sehr stark trifft, dann sollte er zu seinem Steuerberater und gegebenenfalls auch zu einem Anwalt gehen, um sich individuell beraten zu lassen“, so Börsenvereins-Jusitziar Christian Sprang.
Schon nach einigen Tagen nach der Bekanntgabe der Insolvenz von KNV am 14. Februar wurde diese seitdem von einer Schwarzseherei und von Unkenrufen begleitet.
In einer derartigen Form und mit solchen Begleiterscheinungen lässt sich eine Insolvenz nicht gut angehen.
Man benötigt jetzt viel mehr weiteren Sachverstand, Mut und vor allem sollten die Entscheidungen, die nun kommen werden, von allen Beteiligten mit Überzeugung
getragen werden.
Es geht jetzt nicht darum, wie man KNV vollends zerreißen kann, sondern wie man
KNV am Leben erhält.
Darauf sollte man in den kommenden Gesprächen den Fokus legen.
Es geht heute weitaus schneller (siehe bei Buchhandlungen), diese zu schließen, als
zu erhalten.
Bei KNV, einem sehr großen Unternehmen, müsste also der Erhalt im Sinne der
Mitarbeiter/-innen und der gesamten Buchbranche ein wichtiger Aspekt sein.
Und man sollte da jetzt noch überlegen, welche Möglichkeiten dazu es zur Rettung
von KNV gibt.
Dies bedeutet aber die weiteren Verhandlungen mehr positiv als negativ anzugehen.
Die Verlage und Buchhandlungen benötigen also Signale, dass KNV wieder sozusagen
auf die Beine gestellt wird.
Diese Motivation muss auch von allen Beteiligten ausgehen.
Ein möglicher Investor wird sich bei KNV nur beteiligen, wenn er sieht, dass im
übertragenen Sinne das Schiff KNV wieder auf Fahrt nach vorne gebracht wird.
Mit der Möglichkeit der Rabattierung der Forderungen von Verlagen an KNV habe
ich etwas angesprochen, was noch mehr durchdacht werden sollte.
Notwendig wäre also dabei ein Mitdenken von allen, denen KNV ein wichtiger Pfeiler innerhalb
vom Buchhandel ist. Es geht da um die Senkung der Forderungen.
Und darüber sollte auch gesprochen werden.
Also alle Fragen auf den Tisch, sich zusammensetzen und vor allem in dieser Frage
nach einer möglichen Lösung suchen.
Um für einen möglichen Investor KNV interessant zu machen, sollten die Banken mal so grob berechnen, wie ein Schuldenschnitt aussehen würde, d. h. wie wäre so ein Schuldenschnitt intern umsetzbar. – Nur sollte dies nicht an die Öffentlichkeit getragen werden.
Ein anderer Punkt ist in den Aussagen in diesem Text: „Die Insolvenzgläubiger werden erst in Jahren ihr Geld sehen“.
Wie soll sich das Barsortiment KNV dann unter einem neuen Investor gegenüber diesen Verlagen, die ja noch Forderungen an KNV haben, verhalten?
Dies wäre eine entscheidende Frage, um eben auf längere Sicht die Verlage bei KNV zu halten.
Auf der einen Seite sollen die Buchhandlungen bei den Verlagen bestellen und da sind dann auch Kleinverlage darunter. Es ist dann wieder alles die Frage der Rechnungen und Bezahlungen.
Wie wäre es (und dies könnte man überlegen), wenn KNV den Verlagen, denen KNV noch Forderungen schuldet, in einer möglichen Teilrabattierung bei den Lieferungen an die Verlage diesen entgegenkommen würde?
Dies würde bedeuten, dass im Endeffekt KNV bei den Lieferungen an die Verlage, welche noch an KNV Forderungen haben, diese Forderungen mit den Lieferungen über eine Rabattierung etwas verrechnen würde.
Damit würden die Forderungen der Verlage an KNV etwas kleiner und die Verlage würden in einer angesetzten kleinen Rabattierung die Lieferungen von KNV etwas günstiger bekommen.
Diese Rabattierung müsste also erst mal berechnet werden. Und sie ist ja bei den Verlagen immer verschieden, weil sich diese nach der Höhe der Forderungen ansetzt.
Es müsste bei so einer kleinen Rabattierung eben ein Rahmen gefunden werden.
Wer weiß jetzt von den Lesern/-innen hier dazu eine bessere Lösung, damit die Verlage an
ihr Geld kommen?
Dies ist eine entscheidende Frage.
Zudem sollte man, wenn es möglich wäre, auch die Gehälter der Mitarbeiter/-innen bei KNV noch über die Grenze vom 30. April auszahlen können.
Man sollte auch weiterhin in KNV Vertrauen haben, denn die Mitarbeiter/-innen wollen ja weiterhin sich für das Unternehmen einsetzen.
Wichtig wäre, dass eben vom Insolvenzverwalter, seinem Team und vom Börsenverein alle Möglichkeiten besprochen werden sollten, um eben KNV weiterhin nach vorne eine Chance zu geben.
Es sollte deshalb nicht von manchen Seiten noch mehr ein negatives Bild gezeichnet werden, sondern man muss dringend Möglichkeiten finden und auch mit vereinten Anstrengungen suchen, um eben bei KNV wieder mehr eine positive Linie zu sehen.
Und dazu bedarf es einen guten Einsatz von allen Beteiligten.
Sicher ist noch ein Potenzial bei KNV vorhanden. Nur darf dies jetzt nicht durch zu viele negative Stimmungen zerstört werden.
Seltsame Erinnerungen. Ich war bei KNO in Stuttgart. Bin 2015 nach Erfurt mit. Hab am Umzug teilgenommen. Hab die neue Welt KNV erlebt. Anschließend gekündigt. Es war kein funktionsfähiges System. Zu viele Köche. Zu komplex. Technisch beeindruckend, aber ohne erfahrene Mitarbeiter die die Branche kennen. Es würde praktisch jede Position von Leuten besetzt, die davor nichts mit der Buchbranche zu tun hatten. Diese waren damit beschäftigt mit der neuen Technik zu kämpfen. Ich weiß noch wie viel besser es in Stuttgart lief, und wie alles Wissen und Erfahrung und Können dort zurückgelassen wurde. Es war eine seltsame Erfahrung, ein Unternehmen beim Abbau zu erleben. Wir haben die Lichter dort ausgemacht. Die letzten Tische und Topfpflanzen entsorgt. In den leeren Hallen Fußball gespielt als wir die letzten Tage nichts mehr zu tun hatten. Uns auf der Bank gesonnt und hin und wieder LKW’s mit den letzten Wannen an Büchern beladen. Es war surreal. Und dann dieses neue Wesen in Erfurt atmen zu sehen, das vom alten nichts mehr in sich trug. Schwer in Worte zu fassen.
für Überlebende der Weltbild Pleite hört es sich nach normalem Insolvenzgeschäft an. Der Alltagsbetrieb läuft auch tatsächlich, was uns angeht. Ich bin positiv gestimmt, bei aller Tragweite des Vorgangs: das Kind ist in den Brunnen gefallen. Aber wir wissen immerhin schon mal, in welchen, dass die Bergungsmannschaft angerückt ist, etc. Toi toi toi, Kollegen!
Wie weltfremd muss das denn für die (ganz) kleinen Verlage klingen! Sie sollen dem an KNV verlorenen Geld auch noch welches für Steuerberater und Anwälte hinterher werfen?
Wenn man nicht ohnehin schon am Ende ist, kann man ja selbst noch etwas nachhelfen,oder!?
Aber wenn viele Kleine den Bach runter gehen, bekommen die Größeren und Großen wieder mehr ab?!
Gut für die Branche? – Jedenfalls schlecht für die kulturelle Vielfalt auf dem Buchmarkt, Frau Grütters!
Das ist schon heftig: „Womit müssen betroffene Verlage rechnen? `Egal ob die Quote hoch ist oder niedrig, die normalen Insolvenzgläubiger werden erst in Jahren Geld sehen.‘ „