Manche Erklärung, manche These ist so wunderbar einfach und empirisch gut zu belegen: Wenn Elke Heidenreich mit großem Engagement für ein Buch wirbt, klingelt es in der Kasse. Denn knapp 90% des Wochenumsatzes mit Littells „Die Wohlgesinnten“ fielen zuletzt am Freitag und Samstag, also nach Heidenreichs Sendung, an.
Einige andere Thesen, die in den letzten Tagen (und im aktuellen buchreport.express) präsentiert werden, kommen auf den ersten Blick ähnlich plakativ daher, sind aber schon schwieriger zu fundieren. Etwa: Der Buchhandel sei servicefreundlicher geworden wegen des von den Filialisten angeheizten Wettbewerbs. Oder: Der Online-Handel bilde ein hinreichendes Gegengewicht zur stationären Konzentration im Buchhandel.
Die Sehnsucht nach einfachen Erklärungen ist groß, aber richtig schwierig wird es, wenn es um den Branchenpfeiler Preisbindung geht, wie gerade aus aktuellem Anlass in der Schweiz. Wie viel Struktur und (noch schwieriger zu messen) wie viel Kultur wird dadurch erhalten? Besonders spannend ist die den Gesetzen des freien Wettbewerbs widersprechende These, dass ausgerechnet die Preisbindung für niedrigere Preise sorgt. Auch Branchenteilnehmer sind bei all dem hin und her gerissen zwischen Glaube, allerlei Hilfsmessungen von Veränderungen (die aber noch ganz anderen Variablen unterliegen) und dem Reiz von ein bisschen mehr Freiheit und Flexibilität.
Der Blick in die Schweiz zeigt, wie schwierig es ist, die Komplexität aufzulösen und politisch-argumentativ zu formulieren. Das muss jedem Branchenteilnehmer klar sein, wenn denn zumindest die These stimmt, dass die deutsche Buchpreisbindung vor allem aus der Branche selbst gefährdet wird.
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