Amazon liefert Stoff für viele Geschichten, weil der Online-Shop den Einzelhandel umkrempelt, weil er Steuerzahlungen vermeidet, weil er mit der Gewerkschaft Verdi über Entgelttarife streitet oder genau genommen gar nicht erst redet usw.
Obwohl Amazon eine breite Plattform für Waren aller Art bietet, sorgt vor allem das Startsortiment Bücher für öffentliche Aufmerksamkeit. Während in Deutschland die zum Teil komplexen Streitpunkte über Konditionen und Marktveränderungen überwiegend analytisch und im Stil einer gepflegten Talkrunde betrachtet werden (Beispiele: hier und hier), geht es im Amazon-Mutterland USA konfrontativer zur Sache, ausgelöst von dem E-Book-Konditionenstreit zwischen Hachette und Amazon (Details im buchreport-Dossier). Die Medien haben das Thema entdeckt und berichten zunehmend kritisch über den Online-Riesen und sein Geschäftsgebaren.
Dazu tragen auch namhafte Hachette-Autoren bei, die als „Authors United“ auf Initiative von Douglas Preston einen offenen Brief an Amazon geschrieben haben, den über 900 Schriftsteller unterzeichnet haben, darunter James Patterson, Stephen King, Philip Pullman und Donna Tartt. Er wird mit einer ganzseitigen Anzeige in der Sonntagsausgabe der „New York Times“ öffentlich gemacht. Kritsiert wird vor allem, dass Amazon im Konditionstreit seine Marktmacht derart einsetzt, dass die den Zugang zu Büchern behindert.
Stephen Colbert, nicht nur einer der populärsten Entertainer im US-Fernsehen, sondern auch ein Hachette-Autor mit Bestseller-Status, mischt ebenfalls munter mit. Er fordert in seiner Show mittlerweile regelmäßig dazu auf, Bücher nicht bei Amazon zu bestellen, sondern sie im unabhängigen Buchhandel zu kaufen.
Der Bestsellerautor James Patterson hat sich unterdessen schriftstellerisch in den Amazon-Chef versetzt und lässt ihn stolz erzählen, wie er die verstaubte Buchbranche aufgemischt, aber auch ihre spezifischen Qualitäten erkannt habe. Und Patterson hat seiner ironiegespicktem Geschichte sogar ein Happy End verpasst: Ab sofort, so der geläuterte Bezos in der Patterson-Fantasie, werde er die Verlage fair behandeln.
Die Pointierung in den USA wird auch hierzulande aufgegriffen u.a. auf der reichweitenstarken Plattform SPIEGEL ONLINE (die wie buchreport zur SPIEGEL-Gruppe gehört): „Bücherkrieg“ und „Wie böse ist Amazon?“
Die deutschen Verlage (hier ist die Verlagsgruppe Bonnier mit den Verlagen Piper, Ullstein, Carlsen u.a. vom Konditionenstreit besonders betroffen) und Literaturagenten diskutieren unterdessen den Vorstoß, den Amazon vergangene Woche in den USA gemacht hat, sich nämlich im E-Book-Geschäft mit einer relativ bescheidenen 30%-Handelsspanne zufrieden zu geben, sofern die Verlage ihrerseits die E-Book-Preise senken, um das E-Book-Geschäft zu pushen.
Für Amazon wäre das sehr attraktiv, denn digitale Produkte sind viel leichter und kostengünstiger zu handhaben als gedruckte Bücher. Auf die Amazon-Kalkulation wollen sich von buchreport befragte Verlage allerdings nicht einlassen, weil dies letztlich auch Auswirkungen auf die Preisstellung im Kerngeschäft mit gedruckten Büchern hätte. Mehr im aktuellen buchreport.express 32 (7.8.) hier zu bestellen.
Ich kann es nicht mehr lesen, immer noch einen nachschieben…
Aus meiner Sicht gibt es Faktoren die man nicht ausser acht lassen sollte. Einen “ Kunden der meine Leser beliefert“ in der Öffentlichkeit in dieser Art und Weise anzugehen, halte ich für fahrlässig. Einerseits weil ich mit seiner Schwächung am Ende auch mich schwäche ….
Anderseits sollten sich alle Betroffenen, hierzulande speziell der Börsenverein, darauf konzentrieren sich gedanken darüber zu machen welche Alternativen Strategien helfen aus Abhängigkeiten eines Anbieteres heraus zukommen. Den Verlagen sei dies ebenso an Herz gelegt. Jahrelang haben Sie die direkte Beziehung zum Leser vernachlässig und es versäumt Adressen zu sammeln und das Direktgeschäft zu forcieren. Darin liegt die eigentliche Chance der Zukunft. Einfach machen und aufhören mit dem Finger auf andere zu zeigen….