In letzter Zeit habe ich vor allem E-Books gelesen. Der Nachteil: Die Leseerfahrung ist für Besucher nicht offensichtlich, sie können den Blick nicht über mein digitales Buchregal schweifen lassen. Deshalb habe ich mir eine E-Book-Bibliothek zum Anfassen gebaut.
Dass E-Books neben vielfältiger Typographie doch etwas fehlt, habe ich vor ein paar Wochen gemerkt: Ein alter Freund aus Schulzeiten war bei mir zu Besuch, wir hatten uns lange nicht mehr gesehen. Er schaut sich die Wohnung an und auch das Buchregal. Was ich so lese, gelesen habe, was mich beschäftigt hat in der jüngsten Zeit. Wir reden also über die Bücher, die dort liegen und die Bücher, die mich beschäftigen. Und ich muss immer wieder sagen: Ja, das gedruckte hier hab ich vor Jahren gelesen. Zuletzt aber dieses und jenes, es ist großartig, liegt hier aber nicht. Ich habe immer wieder Bücher erwähnt, die nicht im Regal stehen. Das liegt daran, dass ich nahezu alle im letzten Jahr als E-Book gelesen habe. Entsprecht fehlt dieses physische Artefakt als kommunikatives Element zuhause. Es fehlt mir auch beim Assoziieren, beim Erinnern – Goodreads ist toll, aber nicht dafür.
Also habe ich mir im Selbstversuch eine E-Book-Bibliothek zum Anfassen gebaut. Ein Prototyp dessen, was ich gerne von Verlagen, Goodreads oder einem Dienstleister wie Moo hätte.
Die Fotos in höherer Auflösung bei Flickr, unter CC-BY-ND frei – Namensnennung, keine Bearbeitung, auch kommerzielle Nutzung.Das ging so:
- Über Clippings.io habe ich mir eine Übersicht meiner E-Books der vergangenen Monate erstellt – und eine der von mir markierten Passagen darin.
- Zitate, Buchtitel, Autor, kurzer Klappentext und den Lesemonat habe ich in einer für meine Verhältnisse recht ansehnlich gestalteten Druckvorlage mit dem Affinity-Designer von Serif verewigt, für die Druckmaße habe ich eine Vorlagedatei des Druckanbieters Moo genutzt (hier mein Layout mit Blindtext).
- Moo bietet ein für die E-Book-Bibliothek zum Anfassen gut geeignetes Standardprodukt an: Die Luxe-Postkarten (kein Affiliate-Link!) sind aus sehr festem, dickem Karton. Der Rand kann farbig gestaltet sein, man kriegt so einen leichten Eindruck von Tiefe hin – ein Zitat der Seiten eines geschlossenen Buchs. Bestellt man bei Moo zehn solcher Postkarten, kann eine Seite auf jedem Druck anders gestaltet sein, man lädt da einfach das PDF hoch.
- Die Vorderseite war schwieriger: Gerne hätte ich die Cover der Bücher gedruckt, aber bei Moo lässt sich nur eine Postkartenseite individualisieren. Als Notbehelf habe einen leeren Kindle-Rand gedruckt und dann die Buchtitel mit diesem Billig-Stempelset (kein Affiliate-Link!) und roter Tinte verewigt.
Für einen ersten Versuch gefällt mir das Ergebnis sehr gut.
Toll wäre es, wenn jemand so eine Materialisierung der eigenen Lektüre automatisiert anbieten würde. Ich erlaube einen Zugriff auf meine Daten bei Clippings.io (oder Amazon oder Kobo oder was auch immer) und der Dienst erledigt den Rest. So etwas macht ja Printstagr.am gut bei Smartphonefotos.
Jetzt fehlt noch etwas, um die E-Book-Artefakte schick aufzustellen. Vielleicht ein schönes Holzbrett mit vielen parallelen schrägen Spalten. Jetzt müsste ich nur Schreinern können.
Konrad Lischka hat Bücher über das Ruhrgebiet, Technikgeschichte, Computer- und Tischrollenspiele geschrieben, für SZ, NZZ und Heise gearbeitet, das Magazin bücher und stellvertretend das Ressort Netzwelt bei Spiegel Online geleitet. Er arbeitet im Bereich Netz- und Medienpolitik in der Staatskanzlei NRW. Der Beitrag ist zuerst in seinem Blog erschienen.
Veröffentlicht unter CC BY-ND 3.0 DE (Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland).
Hallo,
wir haben uns die gleichen Gedanken gemacht, wie Herr Lischka. Als eBook-Verlag haben wir immer wieder Leser, die es bedauern, dass die eBooks im heimischen Bücherregal keine sichtbare Spur hinterlassen (was den eingesparten Platz angeht, sind sie hingegen sehr froh). Der Ansatz von Herrn Lischka ist sehr kreativ. Wir haben noch einen anderen Vorschlag beizusteuern: Einfach einen kleinen elektronischen Bilderrahmen kaufen, am besten im Taschenbuchformat und mit der Möglichkeit, ihn hochkant im Bücherregal aufzustellen. Dann einfach die Cover aller Lieblings-eBooks auf den Bilderrahmen laden und eine Diashow einstellen. Voila: alle paar Sekunden wird ein neues Cover angezeigt von einem jüngst gelesenen Lieblingsbuch. Sorgt garantiert auch für den gewünschten Gesprächsstoff, wenn literarisch interessierter Besuch ins Haus kommt! Viele Grüße vom Storyhouse Verlag aus Stuttgart!