Alle Welt wartet auf den „Dritten Korb des Urheberrechts“, die Parteien bringen sich in Stellung. Jetzt haben die „Grünen“ zu ihrem Parteitag einen Leitantrag zur Urheberrechtsreform formuliert, der dem Verlegerausschuss des Börsenvereins einen kalten Schauer über den Rücken jagt.
Die Grünen Netzpolitiker sehen das geltende Urheberrecht grundsätzlich kritisch:
- Das geltende Urheberrecht schütze nicht die Urheber, sondern lediglich ihre Verwerter und deren veraltete Geschäftsmodelle.
- Die Verwerter werden als Störfaktor identifiziert, die marktbeherrschende Verwertungsstrukturen geschaffen hätten und diese ausschließlich zu ihrem Vorteil nutzen.
- Das Urheberrecht müsse künftig die Interessen der Nutzer und Künstler in den Vordergrund stellen und sich dabei die Vorteile der Digitalisierung zur freien Verbreitung von Inhalten zu Nutze machen.
Sie fordern deshalb in ihrem Leitantrag (hier die vollständige Fassung)
:- die fast vollständige Freigabe von Raubkopien,
- ein Verbot der zivil- und strafrechtlichen Verfolgung der Verbreiter,
- das Recht auf digitale Privatkopie ohne DRM oder juristische Einschränkungen, inklusive des Rechts, die Kopie weiterverkaufen zu dürfen,
- die Verkürzung und Flexibilisierung der Schutzfristen auf fünf Jahre,
- die Einführung einer Kulturflatrate,
- die nicht kommerzielle Bearbeitung von urheberrechtlich geschützten Werken nach dem amerikanischen „Fair-Use Prinzip“ zu erlauben,
- alle Forschungsergebnisse, die durch öffentliche Finanzierung ermöglicht wurden, der Öffentlichkeit kostenfrei dauerhaft zugänglich zu machen sowie ein unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht für wissenschaftliche Zeitschriften- und Sammelbandbeiträge.
„Wie sollen Autoren existenzsichernde Einnahmen generieren können, wenn sie über ihre Inhalte nicht mehr frei verfügen können?“, kritisiert der Verlegerausschuss-Geschäftsführer Rolf Nüthen diese Forderungen in seinem Newsletter. Kaum ein Netzpolitiker sei mit dem Publikationswesen und der Verwertung von Büchern nur ansatzweise vertraut, zudem sei keinerlei Bereitschaft zu erkennen, sich damit auseinanderzusetzen.
Der Ausschuss befürchtet, dass der Antrag auf dem Bundesparteitag der Grünen vom 25. bis 27.11. in Kiel angenommen wird und richtungsweisend für die Partei auf dem Weg zur nächsten Bundestagswahl wird.
Die Verlegervertreter fordern die Mitglieder deshalb auf, den Antrag der Grünen vollständig zu lesen und dazu persönlich gegenüber den Bundesvorsitzenden der Grünen Stellung zu nehmen. Unter den Kulturpolitikern formiere sich bereits Widerstand. Auch Börsenvereins-Vorsteher Gottfried Honnefelder hat die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth angeschrieben und sie aufgefordert, den Leitantrag abzulehnen.
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