Der Zuzug der Mayerschen in Köln-Nippes sorgt bei den dortigen Buchhändlern erwartungsgemäß nicht für gute Laune. Doch die ansässigen Sortimenter gehen selbstbewusst in die Offensive. Im Videointerview erklärt Dorothee Junck (Foto, Buchladen Neusserstraße einzigundartig), wie sie sich dem Wettbewerb stellt.
In der vergangenen Woche eröffnete die Mayersche eine Filiale eine Steinwurfweite entfernt von Juncks Geschäft in Nippes. Im Vorfeld setze sich die frühere Vertriebsleiterin im Emons Verlag, die seit 2007 zusammen mit ihrem Bruder Burkhardt Junck den für zwei Filialen in Köln-Nippes und -Dellbrück verantwortlich zeichnet, mit den Kollegen zusammen. Es ging darum, die Strategie für den verschärften Wettbewerb abzustecken, dabei Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens zu identifizieren und sich anschließend für den Wettbewerb zu rüsten: u.a. wurde eine Non-Book- und Kalender-Fläche vergrößert – die Ladenfläche umfasst jetzt 490 qm –, inklusive Veranstaltungsfläche für 180 Personen.
In der Kommunikation mit den Kunden werden seit Monaten die eigenen Stärken hervorgehoben, offensiv statt defensiv ist dabei offenbar das Motto: „Ein herzliches Willkommen der Mayerschen Buchhandlung aus Aachen hier in Nippes! Wir freuen uns auf den Wettbewerb“, heißt es in der Kampagne. Die Aktivitäten im Internet wurden ausgeweitet, außerdem ist ein Testleserkreis gegründet worden.
Erstaunlich am Beispiel Nippes ist, dass die Mayersche auch Gegenwind aus anderer Richtung erfuhr. Laut „Kölner Stadtanzeiger“ mussten die Aachener die Eröffnungsfeier absagen, weil eine Kneipe als Caterer absprang. „Als kleine Kneipe müssen wir den eingesessenen Einzelhandel unterstützen“, sagt die Wirtin dem „KSta“. Und auch der für die Feier eingeplante Kabarettist Heinrich Pachl legte sich offenbar quer. Das „Schmerzensgeld“ für den Job als Moderator sei wohl zu hoch gewesen, zitiert ihn das Blatt – ansonsten hätte er in der Moderation „fröhlich“ auf die Konkurrenzsituation hingewiesen.
Weitere Spitze gegen die Aachener: Auf einem Fahrradständer unmittelbar vor der Filiale der Mayerschen will Junck künftig mit „Klasse statt Masse“ und „100 Meter von hier“ werben – ein Kanzlei hatte ihr den Werbeplatz überlassen.
Kerstin Ternes (Foto), Mayersche-Filialleiterin in Nippes, gibt sich trotz der Spitzen gelassen. Mit den ersten Tagen nach der Eröffnung sei sie sehr zufrieden, erklärt sie gegenüber buchreport.de. In Nippes seien die Infrastruktur und das vielfältige kulturelle Leben „vielversprechende Vorzeichen“ für die Filiale, heißt es in einer Pressemitteilung der Aachener.
Bilder aus der neuen Mayerschen-Filiale in Köln-Nippes:
Hier ein paar Kundenstimmen:
http://buecher.ueber-alles.net…
Warum ist denn die Mayersche überhaupt Konkurrenz? Darüber denken die „Kleine“ anscheinend nicht nach. Wenn doch Stimmung und Service so viel besser ist, können sie doch nur lachen.
Es ist schäbig wenn ein Großfilialist nur mit Geld und Größe den Wettbewerb in einem Stadtteil zerstören will!
Es ist schäbig, wenn jahrelange „Stammkunden“ nur wegen der Größe plötzlich abwandern, obwohl der Service beim örtlichen Händler viel besser ist!
Es ist schäbig, wenn man hier zu feige ist,seinen richtigen Namen anzugeben!
Der Caterer hat absolut richtig gehandelt und Frau Junck wünsche ich gute Nerven.
Wenn Buchhandlungen ihre Zukunft darin sehen, dass sie Bücher auslisten und stattdessen Papierwaren und anderen Ramsch verkaufen, dann sollte uns das alle betroffen stimmen.
Selbst die Großen der Branche bauen mittlerweile Regalflächen zurück, verkaufen – je nach Jahreszeit – Gartenmöbel oder Weihnachtsartikel oder vermieten Teile des Geschäfts an Reisebüros. Das soll der innovative Geist der Buchhändler sein? Mitnichten! Das ist ihr Ende!
Denn wenn letztlich nur noch genug Platz bleibt, um ein paar mediengehypte Bestseller auszulegen, dann hat es sich mit der vielgepriesenen „Beratung und Vielfalt“ der Kleinen endgültig erledigt.
Grüße aus dem Wienerwald
Albert Knorr (Autor und Verleger)
Ich hatte schon Mahnwachen, Menschenketten und „Kauft nicht bei Filialisten“-Sprechchöre vor der Mayerschen befürchtet. Aber wozu die Aufregung: es wird ja eh‘ keiner dort einkaufen, höchstens ein paar Gesinnungsschweine. Die zählten aber vorher auch nicht zu den Stammkunden. Na, dann ist ja alles gut.
Es geht doch nichts über Beiträge die Probleme auf den Punkt bringen.
Natürlich kann sich Familie Junck, bei der die Schwester rund um die Uhr in ihrem Geschäft in Nippes vor Ort ist und ihr Bruder, der genauso sein Geschäft in Dellbrück betreut, nicht aus der Reihe der Großfilialisten wie Mayersche und Thalia herausstehlen.
Das wäre ja lächerlich!
Glückwunsch! Kreatives Selbstbewusstsein in Sülz, Nippes und demnächst in Benrath! Dorfgemeinschaften (auch Stadtviertel) genannt setzen sich zur Wehr mit Geisteshaltung. Der Caterer, der Kabarettist, und die Bürger. Support your local dealer! und eben nicht das, was sich dafür ausgibt und es nicht ist. Lässt sich übrigens auch auf Bäckereien, Blumenläden und Metzgereien übertragen.
Bei allem Verständnis für die schwierige wirtschaftliche Situation der „kleinen“ Einzelhändler: ich empfinde so manche Selbstgerechtigkeit als unangenehm, den Boykott des Caterers als schäbig.
Ich habe gerade von meinen Auszubildenden gelernt: der Filialist beginnt ab 7 Verkaufsstellen. Zudem sind unsere beiden Buchhandlungen völlig unterschiedlich und finanziell getrennt. Egal: Für uns bedeutet Filialisierung in einem Stadtteil der Verlust von Individualität, dagegen haben wir was und viele unserer Kunden auch.
Interessant wie abschätzig sie das Wort Filialist benutzt. Die Familie Junck hat immerhin auch zwei Filialen. Ab wann ist man denn ein großer böser Filialist? Ab einer Filiale mehr als bei ihnen Frau Junck?