Mit gutem Timing, just zur leicht abklingenden Aufregung um die aktuelle US-Präsidentenwahl, kommt Barack Obama mit dem 1. Band seiner Memoiren auf den Markt: Lanciert mit allerlei in den Medien gestreuten Appetithäppchen startet der Verkauf von „Ein verheißenes Land“ (Original: „A Promised Land”, weltweiter ET: 17.11.), in dem Obama auf gut 1000 Seiten seinen Aufstieg zum 44. Präsidenten und seine erste Amtszeit reflektiert. Das Penguin-Hardcover kostet 42 Euro, das E-Book 32,99 Euro.
Der Boden für Polit-Biografien und US-Präsidentschaftsanalysen mit biografischem Einschlag ist hierzulande wohlbereitet. Dafür hat zum einen Michelle Obama gesorgt, die ihren Teil des großen Obama-Buchvertrags mit Penguin Random House bereits 2018 mit dem Weltbestseller „Becoming“ erfüllte und jetzt seit gut 2 Jahren auf der SPIEGEL-Bestsellerliste steht. Zum anderen hat die Verstörung über den Präsidenten Donald Trump viele Autoren zu Enthüllungs- und Erklärbüchern motiviert.
Michelle Obama galt vor zwei Jahren wegen des Zusatzumsatzes in der Größenordnung von brutto 10 Mio Euro im deutschsprachigen Raum als „Retterin“ des Weihnachtsgeschäfts 2018. Sollte die Startauflage von 300.000 deutschen Exemplaren in den kommenden Wochen verkauft werden, könnte Barack Obama auch durch den höheren Verkaufspreis diese Marke übertreffen und der Branche brutto 12,6 Mio Euro bescheren. Und womöglich wird auch Michelle Obamas „Becoming“ noch mal im Verkauf anziehen: Über alle Formate (Hardcover, Hörbuch, E-Book, englischsprachige Ausgaben) hat sich „Becoming“ im deutschsprachigen Raum bisher mehr als 1 Mio mal verkauft.
Weißes Haus und deutsche Polit-Veteranen
So sehr US-Präsidiales die Rangliste der meistverkauften Polit-Biografien prägt, haben sich aber auch in bunter Mischung ein paar deutsche Titel dazwischen geschoben: Gregor Gysi, Loki und Helmut Schmidt, Theo Waigel, Sahra Wagenknecht, Peter-Michael Diestel und Franziska Schreiber.
Die folgende Rangliste bezieht sich auf die zurückliegenden 3 Jahre, von Mitte November 2017 bis Mitte November 2020, und basiert auf dem Handelspanel (Deutschland/Österreich/Schweiz) des Marktforschers Media Control:
Autor | Titel | Verlag | Verkaufspreis D | |
1 | Michelle Obama | Becoming | Goldmann | 26,00 € |
2 | Michael Wolff | Feuer und Zorn | Rowohlt | 19,95 € |
3 | Mary L. Trump | Zu viel und nie genug | Heyne | 22,00 € |
4 | Gregor Gysi | Ein Leben ist zu wenig | Aufbau | 24,00 € |
5 | James Comey | Größer als das Amt | Droemer | 19,99 € |
6 | Bob Woodward | Furcht | Rowohlt | 22,95 € |
7 | Reiner Lehberger | Die Schmidts. Ein Jahrhundertpaar | Hoffmann und Campe | 24,00 € |
8 | Madeleine Albright | Faschismus | Dumont | 24,00 € |
9 | Theo Waigel | Ehrlichkeit ist eine Währung | Econ | 24,00 € |
10 | Christian Schneider | Sahra Wagenknecht | Campus | 22,95 € |
11 | Peter-Michael Diestel | In der DDR war ich glücklich. Trotzdem kämpfe ich für die Einheit | Das neue Berlin | 22,00 € |
13 | John Bolton | Der Raum, in dem alles geschah | Das neue Berlin | 28,00 € |
14 | Franziska Schreiber | Inside AFD | Europa Verlage | 18,00 € |
15 | Jürgen Neffe | Marx. Der Unvollendete | C. Bertelsmann | 28,00 € |
Von jedem Titel wurde die meistverkaufte Ausgabe berücksichtigt. Von Michelle Obamas „Becoming” wurden zusätzlich ca. 135.000 Exemplare der englischprachigen Ausgaben im deutschsprachigen Raum verkauft. Auch die englischsprachigen Importe Michael Wolff: „Fire and Fury“ („Feuer und Zorn”), Bob Woodward: „Fear” („Furcht”), John Bolton: „The Room Where It Happened” („Der Raum, in dem alles geschah”) sowie Mary L. Trump: „Too Much an Never Enough“ („Zu viel und nie genug”) erreichten 5-stellige Verkaufsauflagen.
Und der neue (alte) Mann in den USA? Die Biografie „Joe Biden” von Evan Osnos (Suhrkamp) hat sich auf der SPIEGEL-Paperbackliste platziert.
Aktuell wird in den USA auch über die möglichen Erinnerungen des scheidenden Präsidenten Donald Trump spekuliert: Das Spektrum reicht bis zu einem möglichen 100-Mio-Dollar-Vertrag, was mehr wäre als der (mehrere Bücher umfassende) Obama-Vertrag für kolportierte 65 Mio Dollar und wohl mehr dem Wunschdenken entspringt, die größte Nummer zu sein. Das hat zu dem Thema „Publishers Weekly” zusammengetragen: „Presidential Memoirs Are Big Business. Will Anyone Buy Trump’s?”
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