Alle Jugendlichen, die in diesem Jahr ihren 18. Geburtstag feiern, erhalten von der Regierung ein dickes Geschenk: Jeweils 200 Euro Guthaben kommen via „Kulturpass“. Das Guthaben kann innerhalb von 2 Jahren für Kulturveranstaltungen, aber auch für den Kauf von Büchern, CDs oder Schallplatten eingesetzt werden. Die dafür nötige Finanzspritze von 100 Mio Euro kommt aus dem Etat der Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth.
Das ist der konkrete Zeitplan für den Kulturpass:
- Nach einer Testphase im April sollen sich im Mai die Kulturanbietenden – und dazu zählen explizit auch Buchhandlungen – in der eigens dafür vom Software-Konzern SAP entwickelten App registrieren können.
- Im Juni soll die Plattform dann für die mit dem Kulturpass bedachten 18-Jährigen geöffnet werden, die in der App dann eine Auflistung der teilnehmenden Unternehmen und Einrichtungen angezeigt bekommen.
- Mit Blick auf die potenziellen Buchkäufe wird die App auch mit dem Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB) verknüpft sein, sodass die Kulturpass-Inhaber nach Büchern suchen können und dann teilnehmende Buchhandlungen in ihrer Nähe angezeigt bekommen.
Förderung der Vor-Ort-Kultur
Mit dem Kulturpass soll vor allem die stationäre Kultur gefördert werden. Daher sind Online-Versandhändler wie Amazon und Streaming-Dienste wie Netflix explizit von der Aktion ausgeschlossen, wie Roths Behörde BKM auf buchreport-Nachfrage bestätigt. Bücher müssen also vor Ort gekauft werden.
Wichtig: Damit Buchhandlungen von der Kulturförderung profitieren können, müssen sie sich in der App registrieren. Dafür hat jetzt auch Christiane Schulz-Rother, die Vorsitzende des Sortimenter-Ausschusses im Börsenverein, geworben: „Nur wenn auch viele Unternehmen teilnehmen, kann das Projekt zum Erfolg werden.“ Ziel: Genau wie in Frankreich soll so ein Großteil des Geldes in den Kauf von Büchern fließen (s. Infokasten).
Französisches Vorbild: Viele Bücher gekauft
Der geplante deutsche Kulturpass lehnt sich stark an den französischen „Pass Culture“ an, der als Pilotprojekt 2018 gestartet wurde und landesweit seit Mai 2021 existiert. In Frankreich erhalten Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren eine nach Alter gestaffelte Förderung zwischen 20 und 30 Euro pro Person. 18-Jährige erhalten nach einer Registrierung pauschal 300 Euro.
Die Auswertung zeigt: Dieses Geld investieren die Jugendlichen vorrangig ins Lesen. So geht etwa die Hälfte des Budgets auf das Konto von Büchern, trotz der Konkurrenz durch Kino und Konzerte.
Dabei entfielen rund 50% der Käufe aus dem Buchsegment auf Mangas. Der finanzielle Anteil von Mangas am Gesamtbudget liegt bei rund 15%.
Damit das Projekt tatsächlich zu einem Erfolg wird, sollten Buchhandlungen neben der notwendigen Registrierung noch 2 weitere Punkte bedenken:
- Sie sollten auch werblich in die Offensive gehen, um für die als Zielgruppe besonders willkommene Jugend auf allen Kanälen als Kulturpass-Tankstelle sichtbar zu werden, vom Störer auf den Schaufensterscheiben bis zu Social-Media-Aktivitäten.
- Sie sollten auch ein Zielgruppen-Sortiment vorhalten, das auch reflektiert, dass nach den Erfahrungen in Frankreich kein kleiner Anteil in die „Neunte Kunst“ Comic investiert wurde und in das auch international boomende Manga-Segment.
Kommentar hinterlassen zu "Kulturpass: Ran an die 200-Euro-Guthaben"