Random House ist ein Haus mit vielen Zimmern: 45 Verlagsmarken haben unter dem Münchner Dach Platz, werden in vier Abteilungen von Programm-Verlegern geführt, aktuell von Nicola Bartels, Tilo Eckardt, Grusche Juncker und eben Thomas Rathnow, soeben zum neuen CEO berufen.
Der 56-jährige Rathnow, ein studierter Philologe und ehemaliger Literaturkritiker, ist seit 2004 bei der Verlagsgruppe in verschiedenen Programmleitungsfunktionen aktiv, wurde 2014 Mitglied der Geschäftsführung und übernahm die verlegerische Verantwortung für die Verlage C. Bertelsmann, Carl’s Books, Der Hörverlag, Diederichs, DVA, Gütersloher Verlagshaus, Knaus, Kösel, Manesse, Pantheon, Prestel, Random House Audio und Siedler. Ab 2016 begann er dann die britische Großmarke Penguin als Qualitätslabel in Deutschland zu etablieren.
Sein Aufstieg zum CEO ist ein Zeichen und markiert womöglich einen Kulturwechsel. Die Gesamtregie im Haus hatten zuletzt stets Wirtschaftsmanager geführt:
- Frank Sambeth (2012 bis 2018) ist Wirtschaftingenieur, Unternehmensentwickler und galt nach Jahren als COO explizit als Digitalstratege, um die vielfältigen Herausforderungen des E-Book-Formats, aber auch um die interne Digitalisierung der Organisation voranzutreiben.
- Joerg Pfuhl (2002 bis 2012, mittlerweile der CEO der deutschen Holtzbrinck-Verlage) ist BWLer und war vor der Übernahme des CEO-Postens Unternehmensentwickler bei Bertelsmann und im internationalen Random House-Geschäft.
- Arnold Kiel (2002 Kurzzeit-CEO) hatte eine Vergangenheit als Investment-Banker und McKinsey-Unternehmensberater.
Als letzter „verlegerischer“ Random House-Deutschland-CEO gilt Vorgänger Klaus Eck, der auch nach der zwischenzeitlichen CEO-Funktion in den Folgejahren verlegerischer Random House-Geschäftsführer blieb und, da schließt sich der Kreis, auf den 2014 dann Rathnow in die Geschäftsführung aufrückte.
Bertelsmann-Buchvorstand Markus Dohle, zugleich CEO des internationalen Publikumsmarktführers Penguin Random House, akzentuiert denn auch in einem Statement zum aktuellen Führungswechsel den anderen Manager-Typ: „Mit Thomas Rathnow rückt ein Verleger an die Spitze der Verlagsgruppe Random House. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Veränderungen in der Buchbranche am besten gemeistert werden können, wenn Verlage sich mit großer Klarheit auf ihre Kernkompetenz konzentrieren, um die besten Autoren und Geschichten mit immer mehr Lesern zu verbinden. Unsere Inhalte bleiben Motor unseres Geschäfts – sowohl kulturell als auch kommerziell.“ Rathnow werde das Haus mit „klarem Bewusstsein für die kulturelle und gesellschaftspolitische Bedeutung des Verlegens gestalten.“
Dohle kennt die Sensibilitäten der Branche für den Hintergrund von Buchmanagern: Als er selbst 2008 als Wirtschaftsingenieur von der Bertelsmann-Druck- und Dienstleistungssparte Arvato kommend als Außenseiter zum „mächtigsten Mann der Buchbranche“ („Wall Street Journal“) wurde, gab es viel Skepsis und der damalige Konzernchef Hartmut Ostrowski beeilte sich zu versichern: „Dohle is a big reader“. Solche Lese-Versicherung braucht der neue Chef des deutschen Publikumsmarktführers nicht.
Spannend wird etwas anderes sein: wie es ihm gelingt, den durchaus harten Wettbewerb der Random House-Verleger untereinander als selbst beteiligter Programmmacher zu moderieren.
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