Kevin Kelly hatte 2008 festgestellt, dass im Netz alle Inhalte quasi kostenlos und ohne Qualitätsverlust kopierbar und daher im Überfluss verfügbar seien. Das drücke den Preis in Richtung Null. Dazu, dies zu verhindern/einzuschränken, soll ja bekannt DRM dienen. Über die Rolle von DRM wird viel diskutiert und geschrieben. Neulich habe ich schon auf eine interessante und sinnvolle Differenzierung von Mike Shatzkin hingewiesen, der den DRM-Einsatz befürwortet: DRM soll nicht Piraterie verhindern, sondern „casual sharing“.
Kelly argumentierte 2008, dass es künftig darum gehe, knappe Güter in der Inhalte-Welt des Überflusses anzubieten, die sich auch dann verkaufen lassen würden. Ein Ansatz dafür sei, den Zugang zu Inhalten zu verkaufen:
„Ownership often sucks. You have to keep your things tidy, up-to-date, and in the case of digital material, backed up. And in this mobile world, you have to carry it along with you. Many people, me included, will be happy to have others tend our ‚possessions‘ by subscribing to them.“
Interessanterweise scheint die (Buch-)Verlagswelt diese Erkenntnis mittlerweile auch als Lösungsansatz für die DRM-Diskussion zu erkennen. Mike Shatzkin hat nämlich im Rahmen seiner Beiträge zu DRM Entscheider in großen US-Verlagshäusern zu ihrer Sicht auf DRM befragt. Einer dieser Entscheider meinte zwar, DRM sei heute notwendig, um Umsätze mit physischen oder heruntergeladenen Büchern zu schützen, wies aber auf die Cloud hin und meinte, in einer cloud-basierten Buchwelt würde die Notwendigkeit klassisches DRM einzusetzen nachlassen, weil man nicht die Inhalte verkaufe, sondern den Zugangsrechte zu ihnen – der Hinweis in der Klammer stammt von Shatzkin:
„There isn’t really a piracy problem but there isn’t really an alternative to DRM except for the cloud. The cloud means that you buy a product (NB: I personally would say you ‚license some content‘, not you ‚buy a product‘) and you get to access it on every device that you own — so long as you provide your ownership credentials. The cloud effectively means that you work only within a platform and that platform requires your credentials to access your works — so it is, in effect, DRM — but it really isn’t. That said, in order for this to work, it does need to protect files when they are downloaded — and that is true DRM.
The whole world is moving away from download and own, so DRM is a moot point — only the library fanatics and the digerati care. The library folks are freaked out by the fact that they have no place in a world that makes all content accessible to single users anywhere, anytime — and they think that DRM is the enemy of the good. The digerati hate DRM because, well, they believe it is hindering their utopian digital realm.“
via: leanderwattig.de
Hallo Herr Wattig,
vielen Dank für den interessanten Artikel. Ich sehe die Cloud ebenfalls als eine der wesentlichsten Entwicklungen dieser Tage. Ob sie allerdings für den Vertrieb von e-Books wirklich relevant wird, bleibt noch abzuwarten. Die Leser sind gerade dabei, den Verlust des Haptischen ansatzweise bei gewissen Themen und Zielgruppen zu akzeptieren, jetzt aber auch gleich den traditionellen Eigentumsgedanken komplett über Bord zu werfen, sind viele sicher noch nicht bereit. Dazu wird man sehen, wie sich Amazon, Apple und Google positionieren. Dass alle den Wunsch haben, den Content auf allen Devices zugänglich zu machen, bleibt sicher unbestritten, mir scheint aber momentan der Download (auch ohne DRM) mit der Möglichkeit des Reloads (der ja immer aus der Cloud stattfindet) die Variante mit der höheren Wahrscheindlichkeit, von den Nutzern auch akzeptiert zu werden.
Beste Grüße
Michael Döschner
Sehr geehrter Herr Konzelmann,
Downloads werden auch künftig nicht ausgeschlossen, doch wahrscheinlich nicht mehr so stark nachgefragt sein, wenn man von überall komfortabel auf die Daten zugreifen kann. Strenggenommen verschwindet die DRM-Problematik durch die Cloud nicht, sie wird aber vielleicht weniger negativ spürbar sein.
Jede Zugangsbeschränkung ist natürlich umgehbar. Komplett verhindern lässt sich das sicher nicht. Es kann für den Durchschnittsnutzer aber so aufwändig gestaltet werden bei gleichzeitiger Schaffung eines attraktiven Angebotes, dass er eine Umgehung nicht versucht.
Herzliche Grüße
Leander Wattig
Sehr geehrter Herr Wattig,
ich habe Sie eventuell nicht verstanden und muss nachfragen:
Worin besteht das Modell, wenn anstelle des Verkaufs einer Kopie des Content „der Zugang“ zum Content (z.B. auch zeitlich begrenzt) lizenziert wird und der Content befindet sich „in der Cloud“?
Heißt das, download ist strikt untersagt, weil das bereits eine Kopie wäre?
Hieße das: „Nur kucken, nicht anfassen!“ ?
Und wie stelle ich mir technisch einen Zugang „zur Ansicht“ vor, bei dem man keine Kopien anfertigen kann?
Einen Bibliotheks-Lesesaal für sogenannten „Präsenzbestand“ kann man online nicht nachbilden. Behaupte ich. Wir hatten bereits solche Versuche (startups) zu beurteilen und wir konnten sie „knacken“.
Mit besten Grüßen,
A. Konzelmann. Richard Boorberg Verlag Stuttgart.