Für die im Sinne des Gedankens der Basisdemokratie stark gemachte Hauptversammlung des Börsenvereins kommt bei den Buchhändlertagen im Juni eine Stunde der Bewährung: Die Basis soll darüber abstimmen, ob gegen die früheren Aufsichtsräte der BAG-Gruppe juristisch vorgegangen werden soll. Dafür sprechen laut Verbandsspitze Punkte eines Rechtsgutachtens, die bis zum Treffen an der Spree noch zu konkretisieren sind. Dagegen gleich mehrere Faktoren, die den Börsenverein in seiner derzeitigen Konstruktion grundsätzlich tangieren. Denn von den Vorwürfen sind Mitglieder betroffen, die Pflichtverletzungen im Ehrenamt begangen haben sollen.
Für den Börsenverein ist dieser Aspekt von besonderer Brisanz, weil er neben der menschlichen Dimension der Angelegenheit auch grundsätzliche Fragen zum unbezahlten Engagement im Verband aufwirft. Sollten die Buchhändlertage trotz gegenteiliger Empfehlung des Vorstands zum Tribunal für die früheren BAG-Aufsichtsräte ausarten, ist auf der finanziellen Seite nicht mit signifikanter Schadensbegrenzung zu rechnen. Wohl aber damit, dass sich aus der übersehbaren Schar der Bereitwilligen künftig wohl noch weniger Kandidaten für die Posten neben den Hauptamtlichen finden werden.
Der Börsenverein hat Politik und Wirtschaft voneinander getrennt, mit Ehrenämtern aber gleichzeitig dafür gesorgt, dass Einflussnahme und Kontrolle erhalten bleiben. Eine Struktur, die mittelfristig auf den Prüfstand kommen könnte.
Eines steht fest: Von Berlin wird der mahnende Appell ausgehen, dass sich hochkomplexe Vorgänge in Wirtschaftsbetrieben kaum ausschließlich in Form eines Nebenjobs mit zeitlich eng begrenztem Budget beaufsichtigen lassen.
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