Die Leipziger Buchmesse präsentiert im März das größte Literaturprogramm der südosteuropäischen Länder seit dem Zerfall Jugoslawiens. Schwerpunktland ist Serbien mit über 30 Titeln in neuer Übersetzung. Rund 100 Mitwirkende aus Südosteuropa kommen nach Leipzig, um ihre aktuellen Werke vorzustellen.
Fokus Südosteuropa: Neues Forum mit vielfältigem Programm
Mit opulentem Programm tritt der Balkan auf der Leipziger Buchmesse im März an. Mehr als 70 Autoren aus elf südosteuropäischen Ländern stellen auf über 100 Veranstaltungen ihre Bücher vor und geben bei Vorträgen im neuen Südosteuropa-Forum Einblicke in das Leben und kulturelle Schaffen ihrer Heimatländer. Erstmals ist Albanien mit einer Präsentation sowie jungen Schriftstellern wie Agron Tufa, Ledia Dushi oder der Dichterin Luljeta Lleshanaku vertreten.
„Um ein solches Programm auf die Beine zu stellen, bedarf es einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern“, sagt Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse. „Dank der Robert Bosch Stiftung, des Netzwerks Traduki, der S.Fischer Stiftung, des Auswärtigen Amts, des Goethe-Instituts, des serbischen P.E.N.-Zentrums und des Serbischen Kulturministeriums haben wir es geschafft, das größte Literaturprogramm der südosteuropäischen Länder zu realisieren, um so die Aufmerksamkeit auf einen interessanten europäischen Buch- und Literaturmarkt zu lenken.“
Die Themen sind ebenso bunt und unterschiedlich wie die teilnehmenden Staaten: Kulturpolitische Probleme, Kriegserfahrungen, die Seele des Balkans oder das Belgrader Nachtleben werden behandelt. Zur Eröffnung des neuen Südosteuropa-Forums findet am 17. März die Veranstaltung „Die Neuen aus dem Süden“ statt. Gastleser sind der mazedonische Lyriker Nikola Madžirov und die serbische Lyrikerin und Prosaautorin Marija Kneževic.
Das Südosteuropa-Programms findet seinen Höhepunkt in der Veranstaltungsreihe „Der Balkan rockt“ im UT Connewitz am 18. und 19. März. Bei Prosa, Lyrik, Film, Musik und scharfer Balkan-Küche lesen, feiern und diskutieren Teilnehmer wie Albana Shala (Albanien), Robert Alagjozovski (Mazedonien), Vladimir Tasic (Serbien), Shkelzen Maliqi (Kosovo), Vladislav Todorov (Bulgarien), Olga Savicevic Ivancevic (Kroatien), Stanka Hrastelj (Slowenien), Razvan Radulescu (Rumänien) und Mile Stojic (Bosnien und Herzegowina). Es spielen die Ethno-Klassik-Band Akustika aus Albanien und der serbische Ausnahmemusiker und Flötist Bora Dugic.
Das allen südosteuropäischen Staaten gemeinsame Interesse an Literatur trägt auch zur Völkerverständigung bei. Jeton Neziraj, Direktor des kosovarischen Nationaltheaters in Prishtina, initiierte mit den Machern des Belgrader Internetportals „Beton“ zwei kosovarisch-serbische Anthologien. Textproben der literarischen Versöhnungsarbeit werden auf „Der Balkan rockt“ vorgetragen.
Serbien als Schwerpunktland 2011
Obwohl Serbien Autoren von Weltrang wie Nobelpreisträger Ivo Andric, Aleksander Tišma und Danilo Kiš hervorgebracht hat, ist das Land für deutsche Leser nahezu noch „terra incognita“. Dabei werden pro Jahr in Serbien zirka 14.000 Titel veröffentlicht und über sechs Millionen Bücher verkauft – und das bei knapp sieben Millionen Einwohnern.
Das Schattendasein der serbischen Literaten außerhalb des eigenen Landes soll sich nun ändern.
Im serbischen Programm stellen rund 40 Autoren und Autorinnen rund 30 Titel – von Lyrikband über Sachbuch bis Roman – in deutscher Übersetzung vor. Namhafte serbische Schriftsteller wie Bora Cosic (Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2002), David Albahari, Dragan Velikic oder László Végel sowie noch unbekannte und junge Nachwuchsautoren lesen am serbischen Messestand und in der Leipziger Innenstadt.
Das serbische Theater ist unter anderem durch die Dramatikerinnen Biljana Srbljanovic, Milena Markovic und Maja Pelevic vertreten. Dichter und Dichterinnen wie Radmila Lazic, Dragana Mladenovic und Stevan Tontic sind stellvertretend für die serbische Lyrik-Szene auf der Messe zu Gast.
Zum 50. Jubiläum der Nobelpreisverleihung an Ivo Andric finden am 17. März ein Runder Tisch und eine Ausstellungseröffnung statt. Zudem werden Neuausgaben bzw. neue Übersetzungen von Andrics Werken wie „Brücke über die Drina“ präsentiert. Alternativ wird täglich eine virtuelle Ausstellung zu den serbischen Comics der letzten 30 Jahre am serbischen Stand gezeigt.
Ein Höhepunkt des Serbien-Schwerpunkts ist die Marathonlesung und Musikperformance des jungen urbanen Belgrader Literaturfestivals „Krokodil“ am 17. März ab 20 Uhr im Skala Theater. Anwesend sind international bekannte Autoren wie Bora Cosic, Vladimir Pištalo, Sreten Ugricic und Biljana Srbljanovic. Für musikalisch-poetische Unterhaltung sorgen Ðorde Brankovic und Aleksandra Virijevic.
Damit setzt die Leipziger Buchmesse ihr langfristiges Projekt fort, Literatur aus mittel- und südosteuropäischen Ländern auf dem deutschsprachigen Buchmarkt einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Zugleich soll eine stärkere Vernetzung von serbischen Verlegern, Autoren und Übersetzern mit dem deutschen, österreichischen sowie dem Schweizer Literaturbetrieb erreicht werden. Als Vorbild dienen die Schwerpunktpräsentation der Länder Slowenien (2007) und Kroatien (2008), deren Literatur mittlerweile eine größere Aufmerksamkeit in den deutschsprachigen Ländern genießt.
Kommentar hinterlassen zu "Leipziger Buchmesse: größtes Balkanprogramm in der Messegeschichte"