2014 war ein gutes Jahr für Self-Publisher: 261 Indie-Autoren und 553 Titel haben es seit November 2013 in die Top 100 der Amazon-Charts geschafft (Stand 12.11.2014). Mit Autoren wie Marcus Hünnebeck, Annie Stone und Nicholas Vega wird die Liste der deutschen Indie-Autoren um einige Stars und Spitzenverdiener reicher. Auch auf den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt spielte Self-Publishing eine so große Rolle wie noch nie zuvor, und im Frühjahr fand der erste „Self-Publishing-Day“ Deutschlands statt. Also ein insgesamt rosiges Jahr für die Indie-Autoren? Die Antwort ist ein entschiedenes Jein.
Denn so viel sich dieses Jahr im Self-Publishing getan hat, mindestens genauso viele Bauchschmerzthemen gibt es noch: In den Medien werden Self-Publisher häufig als interessante Exoten porträtiert, und das auch nur, wenn sie schon nennenswerten Erfolge verzeichnen können. Auch in den allermeisten Buchhandlungen sucht man selbstverlegte Bücher vergebens. Woran das liegt? Indie-Bücher haben nach wie vor ein ziemliches Image-Problem. Zu Recht? Vielleicht.
Überlegt euch, was ihr wollt!
Im letzten Jahr konnte man beobachten, wie einige Self-Publisher steil durch die Decke gingen: Ihre Bücher führen die Amazon-Charts an, die Anzahl der Facebook-Fans wächst mit den Online-Rezensionen um die Wette, Cover und Social-Media-Auftritt sind gleichermaßen professionell: Diese Autoren machen alles richtig. Nennen wir sie die Könner.
Nur: Es sind – noch – nicht besonders viele. Die meisten Self-Publisher scheinen gerade in der Ausprobierphase zu sein, in der sie erst noch herausfinden, was es eigentlich bedeutet, ein Buch selbst zu verlegen. Manchen unter ihnen ist das professionelle Vorgehen und der kommerzielle Erfolg vielleicht gar nicht wichtig. Es stört sie nicht, dass sich das Buch kaum verkauft, weil das Cover oder die Geschichte nicht dem Geschmack eines breiten Publikums entspricht, weil sie kein Marketing betreiben und so keiner außerhalb des eigenen Dunstkreises auf ihr Buch aufmerksam wird. Sie möchten einfach nur ihre Geschichte erzählen. Diese Autoren haben mit der Fertigstellung und Veröffentlichung des Buches ihr Ziel erreicht. Nennen wir sie die Genügsamen.
Andere wiederum wünschen sich mehr Aufmerksamkeit für ihr Buch, sie haben womöglich viel Geld in ein Lektorat investiert und extra eine Facebook-Seite für das neue Buch angelegt. Allerdings tut sich dort nicht viel, genauso wenig wie bei den Verkaufszahlen. Diese Autoren möchten Profis sein, stehen aber erst am Anfang des Weges. Diese Gruppe, nennen wir sie die Ambitionierten, ist momentan wohl die größte unter den Self-Publishern.
Es ist sinnvoll, sich als Indie-Autor schon früh darüber bewusst zu werden, was man möchte: einfach nur sein Buch veröffentlichen, unabhängig von Verkaufszahlen und Größe der Leserschaft – oder die Klaviatur des Self-Publishing so professionell wie möglich spielen, Geld verdienen, eine große Leserschaft gewinnen, Toprankings erreichen? Beide Ziele sind gleichermaßen berechtigt. Nur sollte klar sein, dass sie unterschiedliche Maßnahmen erfordern.
Investiert – auch ins Marketing!
Vielen scheint gar nicht bewusst zu sein, dass mit der Buchveröffentlichung erst die Hälfte der Arbeit getan ist. Wer für ein Lektorat und ein professionelles Cover Geld ausgegeben hat, hofft nicht selten, dass der Rest von allein passiert. Doch um sich eine Fan-Basis aufzubauen, reicht es nicht, sich einen Facebook-Account anzulegen, dort das fertige Cover und den Link zum Buchshop zu posten und auf die Likes zu warten.
Wer sich als Ziel gesetzt hat, professionell Self-Publishing zu betreiben und möglichst viele seiner Bücher zu verkaufen, der muss investieren: Zeit und Geld. Dass man für Lektorat und Cover einen Profi konsultieren sollte, hat sich unter Self-Publishern im Verlauf dieses Jahres weitgehend etabliert. Dass man aber auch Marketing und Social Media professionell betreiben sollte, dass man sich darin schulen lassen kann (und sollte) und dass man auch dafür Profis engagieren kann, ist bei vielen noch nicht angekommen.
Die recht aufschlussreiche Umfrage unter Self-Publishern vom Sommer 2014 zeigt, dass knapp 30 Prozent „möglichst nichts“ für ihr selbstverlegtes Buch ausgeben, 12 Prozent unter 50 Euro, 9 Prozent weniger als 100 Euro, 15 Prozent unter 300 und knapp 9 Prozent weniger als 500 Euro. Insgesamt sind das über 70 Prozent, die weniger als 500 Euro in ihr Buch investieren.
Laut Umfrage verdient knapp die Hälfte der Self-Publishing-Autoren weniger als 50 Euro im Monat. Verständlich, dass sie da nicht mehr Geld ausgeben möchten. Aber die Rechnung geht anders. Denn nur wer investiert, erzielt in der Regel höhere Gewinne.
Bloß wer hat schon mal eben ein paar hundert Euro für sein Buchprojekt übrig? Wer diese Frage nicht mit einem inbrünstigen „Ich!“ beantworten kann, für den bietet Crowdfunding eine gute Möglichkeit der finanziellen Unterstützung. Praktischer Nebeneffekt: Man lernt schon früh, für sein Projekt die Werbetrommel zu rühren und gewinnt so die ersten Leser.
Professionalisiert euch – nutzt Weiterbildungen!
Wer sich entscheidet, professioneller Autor zu sein, der muss in erster Linie eins: professionell arbeiten. Dazu gehört es auch, sich eigene Defizite bewusst zu machen und, wo nötig, Hilfe von Experten zu holen.
Doch viele Autoren verlegen selbst, weil es schneller geht und unkomplizierter ist, als den Umweg über den Verlag zu nehmen. Nur: Wer selbstverlegt, weil er es einfach findet, der hat kaum Lust, sich mit Facebook-Ads, Social Reading-Plattformen und Metadatenoptimierung auseinanderzusetzen. Aber eben darin liegt die große Chance für unabhängige Autoren! Als Indie-Autor ist man flexibel, unabhängig und frei in seinen Entscheidungen hinsichtlich Marketing und Vertrieb. Wer sich als Self-Publisher mit Suchbegriffen und deren Optimierung, Online Marketing und Social Media auskennt, ist in der Lage, den Erfolg seiner Bücher entscheidend mitzubestimmen. Doch genau dafür ist Fachwissen nötig.
Den Schuh, Weiterbildungsmaßnahmen für Self-Publisher anzubieten, sollten sich die Self-Publishing-Dienstleister und freie Autorenberater anziehen. Es gibt zwar einige Anbieter, darunter der buchreport, die Schule des Schreibens, die Textmanufaktur und epubli, die regelmäßig (Online-)Schulungen für weniger als hundert Euro, zum Teil sogar kostenfrei, anbieten. Doch das ist gemessen an der (täglich wachsenden) Zahl an Self-Publishern noch lange nicht genug.
Denn dieses eine To-do für 2015 gehen Dienstleister und Indie-Autoren am besten gemeinsam an: den Naserümpfern und Skeptikern die Basis der Kritik zu entziehen. Indem sie die Professionalisierung des Self-Publishing vorantreiben. Indem Dienstleister Schulungen anbieten und Service und Qualität immer weiter optimieren. Und indem Autoren erstens erkennen, in welchen Bereichen sie Unterstützung brauchen, und sie sich zweitens auch holen. Erst wenn ein flächendeckendes Maß an Professionalität erreicht ist, wenn nicht mehr alle Indie-Autoren in einen Topf geworfen, sondern individuell nach der Qualität ihrer Bücher und ihrer Autorenmarke beurteilt werden, wenn es irrelevant ist, ob ein Buch unabhängig oder im Verlag erschienen ist und wenn es selbstverständlich ist, dass selbstverlegte Bücher auch im Feuilleton und in den Buchhandlungen auftauchen, ist Self-Publishing im Mainstream angekommen. Die gute Nachricht: Wann es soweit ist, liegt zu einem sehr großen Teil in der Hand der Autoren.
Leonie Langer ist bei epubli zuständig für den Bereich Kommunikation. Sie informiert über Neuigkeiten des Unternehmens, schreibt für den epubli-Blog und gibt Seminare zu verschiedenen Themen im Bereich Self-Publishing.
Die Self-Publishing-Plattform epubli bietet Autoren die Möglichkeit, ihr Buch unabhängig zu veröffentlichen und weltweit zu verkaufen – gedruckt und als eBook, im Buchhandel sowie bei Amazon, Apple, Google und Co. epubli steht für transparente Preise, höchste Qualität und besten Service. Als Tochter der Holtzbrinck Digital gehört epubli zu einem der bedeutendsten Medienunternehmen in Deutschland.
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