Angesichts der seit Jahren bestenfalls stagnierenden Umsätze im Buchhandel und abgeflachten Wachstumskurven im Geschäft mit E-Books ist die Devise „Sell More Books“ ein so beliebtes wie schwieriges Mantra der Branche. Beim Bookwire Publishers Day haben drei Vertreter best practices vorgelegt – eine bunte Mischung verkaufsfördernder Maßnahmen.
Das Trio konnte unterschiedlicher kaum sein, von der Selfpublisherin Poppy J. Anderson über Franziska Hans, beim Kinder- und Jugendbuchverlag Loewe Teamleiterin für digitale Produktion, bis hin zum Fachverleger Michael Barabas (dpunkt).
Auch wenn sich Poppy J. Anderson, wie sie in Frankfurt sagte, nicht genau erklären kann, warum ihre im November 2012 begonnene Schreibkarriere direkt von Erfolgen gekrönt war – 50 Bücher pro Jahr war ihr erstes Ziel; heute liegt ihre Gesamtauflage bei weit über 1 Mio Stück –, das Thema Leserinnenbindung hatte bei ihr von Beginn an einen großen Stellenwert und war mit entscheidend für den Erfolg.
Dabei spielen neben ihren Aktivitäten auf Facebook die Buchmessen eine wichtige Rolle, wo sie ihre Leserinnen mit ausgefallenen Aktionen und mit Merchandising-Artikeln an sich bindet. Auf einer Frankfurter Buchmesse konnten sich Fans mit dem Football-Maskottchen ihrer Romane fotografieren lassen, Mister Titastic – der sogar eigene Autogramme (Foto) verteilte. Auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse dankte sie ihren Fans mit Taschen, die neben Schminkspiegeln und Lippenpflegestiften auch Leseproben ihres bei Bastei Lübbe erschienenen Romans („Taste of Love“) enthielten. Weitere Aktionen: Anderson organisierte exklusive Lesungen für Fans aus unveröffentlichten Büchern und vergab Rollen für künftige Romane an Fans, die sich besonders gut mit ihren Büchern auskennen. Schillernde Blüten dieser starken Leserbindung: Eine Leserin gab sogar ihrer Tochter den Namen Poppy, eine andere ließ sich die Unterschrift der Selfpublisherin auf die Wade tätowieren.
Der Bookwire Publishers Day richtet sich an die Verlagskunden von Bookwire, er fand zum dritten Mal im Literaturhaus Frankfurt statt. Die Veranstaltung enthielt ein facettenreiches Programm mit Keynotes, Workshops und Diskussionsrunden sowie viel Zeit zum Netzwerken und Kennenlernen. buchreport begleitete den Tag als Medienpartner.
Auch wenn die best practices von dpunkt, verglichen mit Poppy J. Andersons bunten Bindungsmitteln, weniger schillernd daherkommen – Leserbindung ist auch beim Heise-Computerbuchverlag ein wichtiger Faktor. „dpunkt plus“ heißt ein Vorteilsangebot, bei dem die Leser gegen einen Mitgliedsbeitrag von 10 Euro pro Jahr zu den gekauften gedruckten Büchern auch das E-Books herunterladen können (bei maximal zehn Titeln). Zwischen 3000 und 4000 Mitglieder hat dpunkt auf diese Weise gewinnen – und binden – können. Auch mit den selbst organisierten Fachkonferenzen und IT-Workshops als weiteres geschäftliches Standbein sorgt der 1995 gegründete Verlag dafür, in direktem Kontakt zu den Lesern zu bleiben.
„Direkt“ ist auch das dpunkt-Motto im Geschäft mit digitalen Inhalten. Denn im Konzert der Verkaufskanäle spielt der Direktvertrieb über die eigene Webseite eine entscheidende Rolle – 22% des E-Book-Geschäfts läuft über diese Schiene. Zwar bot der Verlag bereits 2001 erste E-Books an (im PDF-Format), so richtig in Gang kam das Geschäft laut Michael Barabas erst ab 2011, mit Hilfe des Dienstleisters Bookwire, der die aktuell 790 E-Book-Titel des Verlags erstellt, in die Shops bringt und vermarktet.
Kreative Kommunikation und intensives Influencer Marketing stehen beim Loewe Verlag ganz oben auf der Agenda. Dazu zählen große Online-Kampagnen zu Marketing-Schwerpunkten, Suchmaschinen-Marketing, Social Media-Anzeigen, Blogger-Relations, Newsletter, Microsites zu Themen- oder Buch-Schwerpunkten sowie ein intensiver Dialog mit den Leser über Social Media wie Facebook, Instagram und auch Whatsapp – einen persönlicheren Kontakt als über Whatsapp gebe es nicht, berichtete die Digitalproduzentin Franziska Hans.
In Frankfurt gab Hans außerdem einen Einblick in die bislang größte Onlinekampagne des Verlags zum Roman „Elanus“ von Ursula Poznanski, der 2016 bis auf Platz 7 der SPIEGEL-Paperback-Bestsellerliste stieg. Dazu zählte ein Drohnen-Rollenspiel: Der Leser navigiert in einem 360-Grad-Bild, das einen Drohnen-Flug nachbildet und zu wichtigen Schauplätze aus dem Buch führt.
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