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Man braucht kein riesiges Budget

Wenn Fans zu Kreativen werden – der Produzent und Designer Ken Beard und der Komponist Norman Ritter haben gemeinsam mit Anhängern des „Knight Rider“ ein Fanspiel entwickelt, das auf der Buchmessen-Konferenz „StoryDrive“ präsentiert wird. Im Vorfeld geben Beard und Ritter einen Einblick in die Produktion.

Kenneth Michael Beard ist ein unabhängiger Spiele-Entwickler und -Designer aus Cincinnati, Ohio. 

Ritter begann schon Ende der 1990er Jahre auf seiner PlayStation und „Music 2000“, Melodien zu entwickeln. Heute veröffentlicht er unter dem Künstlernamen Alpha Boy elektronische Musik im Stil der Achtziger – auch für Computerspiele. So klingen Ritters „Knight Rider“-Kompositionen:

Die 80er erleben gerade eine Art Revival. Was fasziniert Sie an diesem Jahrzehnt?

Ken Beard: Als jemand, der in den 1980er-Jahren aufgewachsen ist, empfinde ich eine anhaltende Faszination für die Pop-Kultur und deren anhaltende Wirkung. Der Star David Hasselhoff wurde etwa in Deutschland durch eine Show wie „Knight Rider“ gleichsam über Nacht berühmt; er nahm auch an einer Demonstration gegen den geplanten Teilabriss der ehemaligen Berliner Mauer teil. Die Musik damals war einfach phänomenal, dank so verschiedenartiger Genres wie Arena Rock, Post Punk, New Wave und Heartland Rock. Die 1980er brachten Mega-Stars wie Journey, Madonna, Michael Jackson, Duran Duran und Bob Seger hervor. Es gab großartige Fernsehserien wie „Air Wolf“, „Dallas“, „Dynasty“, „Magnum PI“ und „Miami Vice“, in denen es eine klare Rollenverteilung zwischen Helden und Bösewichtern gab und die gewöhnlich alle Probleme der Welt innerhalb von einer Stunde lösten. Kino- und Fernsehfilme von heute sind voll von Gewaltdarstellungen und überflüssigen sexuellen Anspielungen, die das Medium um keinen Deut voranbringen. Die Nation rückte gleichsam über die Welt der Medien zusammen; Musik, Film und Fernsehen, die schauderhafte Mode und die Frisuren, aber auch welthistorische Ereignisse wie das missglückte Attentat auf Präsident Reagan, die Ermordung John Lennons und die Explosion der Challenger Space Shuttle stifteten, auch wenn es tragische Ereignisse waren, eine Art nationale Einheit unter uns. Diese Ereignisse haben mein eigenes Leben, aber auch das unserer Nation sehr stark geprägt, und ich habe nie wieder ein Jahrzehnt wie die 80er-Jahre erlebt.
Norman Ritter: Bis heute kann ich nicht ganz genau dingfest machen, warum dieses Jahrzehnt mich so hypnotisiert. Ich habe als Kind die 80iger Jahre erst nach dem Mauerfall in Form von Filmen und Musik erleben können, so dass mir diese Dinge in einer prägenden Zeit begegneten. Jetzt als Erwachsener gefallen mir rückblickend die kantigen Designs, die grellen Farben und, besonders als Komponist, die frühe Form der elektronischen Musik. Seit nun mehr als 14 Jahren beschäftige ich mich mit diesem Jahrzehnt und entdecke immer noch „neue“ Dinge dieser Zeit, die mich jedes Mal wieder in ihren Bann ziehen.
Ihr Team ist über die ganze Welt verstreut. Welche Schwierigkeiten bringt dies mit sich?
Ritter: Zunächst die Zeitverschiebung. Ken und ich kennen uns jetzt schon seit eineinhalb Jahren, und es passiert mir noch immer, dass ich ihm zu einer völlig unchristlichen Stunde eine Nachricht schicke und er dadurch tief in der Nacht geweckt wird. Ansonsten kann ich nur sagen, dass diese multikulturelle Zusammenarbeit sehr inspirierend ist und nur Vorteile für jeden von uns hat. 
Beard: Tatsächlich, die größte Herausforderung für uns sind die unterschiedlichen Zeitzonen. Wenn jemand z.B. eine Frage in Bezug auf Format oder Texturgröße hat, so kommt es vor, dass diese Frage 8 bis 12 Stunden lang unbeantwortet bleibt, was dann zu unerwünschten Verzögerungen führen kann. Es ist allerdings zum jetzigen Zeitpunkt kein wirklich zentrales Problem. Erstaunlicherweise haben wir, obwohl wir weit voneinander verstreut sind, bislang insgesamt keine größeren Schwierigkeiten; das haben wir der Technik zu verdanken. Wir setzen uns gemeinsam Ziele und teilen einander Ergebnisse und Veränderungen über die Cloud mit. 

„Gegen alle Widerstände“ heißt Ihre Session bei „StoryDrive“. Welche Widerstände mussten Sie überwinden?
Beard: Die größte Herausforderung bestand darin, eine Kerngruppe zu bilden, die mir helfen sollte, die langfristigen Ziele dieses Projekts zu erreichen. Ein Projekt dieser Größe kann ja nicht von einer Person allein gestemmt werden. Das Team musste sich darüber im Klaren sein, dass mir dieses Projekt sehr am Herz liegt und nur als so genanntes Portfolio-Projekt, bei dem niemand bezahlt wird, einen Wert hatte. Wir haben also nicht die Absicht, mit diesem Projekt Gewinn zu machen. Es ist von Fans für Fans gemacht, und das ist nicht mit Geld aufzuwiegen. Anfangs wollte ich für das Spiel überhaupt keine Werbung machen, sondern nur in meiner Freizeit, die eng bemessen ist, daran arbeiten. Ich habe eine Ausbildung in technischer Kommunikation gemacht, und mein Job war sehr anspruchsvoll. Allerdings war ich sicher, dass ich die Sache nicht allein würde bewältigen können. Und mir war klar, dass ich, sobald bekannt würde, dass ich an diesem Projekt arbeite, mit einer Menge Fragen zu rechnen hätte, wie z. B. „Wo ist der Download?“, „Warum dauert das so lange?“ Das wollte ich so weit wie möglich vermeiden. Andererseits war ich gezwungen, über das Projekt zu reden, wenn ich Fans mit dem richtigen Talent dafür gewinnen wollte. Auf diese Weise habe ich Menschen gefunden, die genauso versessen darauf waren wie ich, die Sache durchzuziehen. Und das hat sich am Ende auch gelohnt. Es sind jetzt großartige Künstler, Stimmtalente, Musiker, Autoren, Übersetzer und Programmierer mit dabei. Einige Fans sind etwas ungeduldig, aber wir geben uns alle Mühe, sie auf dem Laufenden zu halten und ihnen Fotos von hinter den Kulissen und Videos von unseren Fortschritten zukommen zu lassen. Schließlich gäbe es ohne die Fans auch dieses Projekt nicht.
Ritter: Mein größter Widerstand als Komponist ist es, sich in einer von anderen, typischen Musikgenres geprägten Zeit zu behaupten. Ich komme aus Berlin, und dort ist die gesamte Musikszene auf Minimal music und Standardpop geeicht. Nichtsdestotrotz versuche ich, meine Musik so 80iger Jahre authentisch wie möglich zu produzieren, um mit meinen Fans und Freunden dieses einzigartige Gefühl zu teilen und am Leben zu erhalten, welches ich als Kind verspürte, als ich zum ersten Mal Filme wie „Beverly Hills Cop“ oder Serien wie „Knight Rider“ sah.
Was treibt Sie außerdem an?
Beard: Meine Motivation kommt von Herzen. Ich bin nicht dafür bezahlt worden, ich werde kein Geld damit machen, und das Spiel steht allen zur Verfügung. Das einzige, was für mich zählt, ist, dass die Menschen, die es herunterladen, die Vision kennenlernen, die wir mit „Knight Rider“ verfolgt hätten, wenn die Serie weitergelaufen wäre. Ich will der Welt zeigen, dass man kein riesiges Budget benötigt, um etwas auf die Beine zu stellen. Ich finanziere mich vollständig selbst, und das ist manchmal gar nicht so einfach. Nach dem jetzigen Stand der Dinge brauchen wir eine Motion-Capture-Kamera und noch einige Software, um mit den Filmszenen und der Gesichtsanimation der Figuren voranzukommen. Wenn wir durch Gelder finanziert werden, nehmen wir das Projekt noch einmal unter die Lupe, um zu sehen, an welchen Stellen wir weiter daran arbeiten können, bis wir die nötigen Geldmittel bekommen. Die Modelle für unsere Figuren haben wir zum Beispiel schon viermal überarbeitet, und jede Überarbeitung kommt dem jeweils dargestellten Schauspieler näher.
Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Beard: Ich würde mir die Zeit für eine gründlichere Ausarbeitung des Drehbuchs und des Game-Designs nehmen. Ich war fasziniert von den Filmen von Christopher Nolan, und diese Faszination wirkte sich stark auf das Originaldrehbuch aus, das letzten Endes im Papierkorb landete. „Knight Rider“ geriet dadurch zu einem dunklen, finsteren Film für Erwachsene; ich ließ bei jeder Gelegenheit Hauptfiguren sterben und ruinierte damit die Grundlage für deren Entwicklung. Es sollte das letzte Kapitel der Serie werden. Im Laufe der Zeit merkten wir aber, dass es keinen Zweck hatte und dass wir zum Wesentlichen zurückkehren mussten; wir mussten uns noch einmal ansehen, was das Gelingen des Films anfangs ausgemacht hatte. Danach stellten wir fest, dass uns die Arbeit viel mehr Spaß machte und wir die Figuren konsequent weiterentwickeln konnten. Jetzt ist es eher eine Geschichte über Freundschaft und die Überwindung von Widerständen, die sich einem in den Weg stellen, als die Weltuntergangsgeschichte, die ich mir vor ein paar Jahren ausgedacht hatte. 
Das Motto von StoryDrive ist „Helden“: Was macht für Sie einen (Medien-)Helden aus?
Beard: In meinen Augen zeichnet sich ein Medien-Held durch Integrität und den Mut aus, das Richtige zu tun, auch wenn er dafür von seinen Gegnern kritisiert wird. Helden setzen ihren Glauben und auch ihre Karriere aufs Spiel, um den Menschen klar zu machen, dass die Welt gefährdet ist und dass es andere Menschen gibt, die für unsere Freiheit kämpfen. Medienhelden würden auch gegen die öffentliche Meinung verstoßen; sie sehen, dass etwas falsch läuft, und setzen sich dafür ein, es zu ändern, obwohl ihnen klar ist, dass sie dabei alles verlieren können. CNN feuerte zum Beispiel die Journalistin Amber Lyon, als diese nicht davon abließ, von Folterungen und Morden an friedlichen Demonstranten durch die Regierung von Bahrain zu berichten. Der Sonderbericht von Lyon wurde auf den Druck von Bahrain und seinen Lobbyisten hin aus der Sendung gestrichen. 
Ritter: Medien-Helden sind für mich Menschen, die alle Formen von Medien dazu nutzen, um neues Bewusstsein für Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Liebe und Fürsorge in den Kopf anderer Menschen zu schaffen.

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