Nach über dreißig Jahren hat sich der Hamburger Buchhändler Günther Marissal (85) entschlossen, die deutsche Buchhandlung Marissal Bücher Paris in der Rue Rambuteau gegenüber dem Centre Georges Pompidou an der Schnittstelle zwischen dem Hallenviertel und dem Marais nicht weiterzubetreiben.
Als im Frühjahr 1981 zur Eröffnung der Buchhandlung eine erwartungsfrohe Gruppe aus Mitarbeitern, Familienmitgliedern und Freunden der Familie die Gläser auf die gelungene Fertigstellung der Buchhandlung erhob, konnte keiner der Anwesenden ahnen, wie wechselhaft die Geschichte der Buchhandlung in den folgenden drei Jahrzehnten verlaufen würde.
Auf eine Dekade des Aufbaus von festem Kundenstamm, Lieferantenbeziehungen und einem konstanten Stamm an Mitarbeitern, folgte bis zur Einführung des Euro und der damit einhergehenden Probleme bei der Kalkulation der Verkaufspreise eine Phase der Konsolidierung auf einem wirtschaftlich zufriedenstellenden Niveau. Als mit dem Aufstieg des Internethandels ein wie auch immer gearteter Preisaufschlag auf die deutschen Ladenpreise, die die Logistikkosten und die Pariser Mieten erst möglich machten, am Markt immer weniger durchsetzbar war, begann sich die Situation in dieser dritten Phase zu verschärfen.
In der Folge wurde das wirtschaftliche Fahrwasser, in dem sich die Buchhandlung bewegte, immer schwieriger. Am Ende wurden die Rahmenbedingungen durch Mietsteigerungen, sinkende Umsätze und weiter steigende Logistikkosten so schlecht, daß die Buchhandlung nur noch durch einen beständigen Kapitalzufluß der Familie Marissal überleben konnte.
Die Geschichte der Buchhandlung in Paris wäre unvollständig, wenn man die große Freude und Begeisterung der Mitarbeiter und der Familie Marissal an der Arbeit mit deutschen Büchern in der französischen Hauptstadt verschweigen würde. Darunter waren über ein Dutzend Auszubildende aus den Hamburger Buchhandlungen der Familie Marissal, die im Rahmen Ihrer Ausbildung sechs Monate in Paris verbringen konnten und dabei keine 500 m von der Buchhandlung entfernt in einem von der Buchhandlung bezahlten Appartement leben konnten. Über einen langen, nahezu den gesamten Zeitraum, war jedoch Petra Kringel Dreh und Angelpunkt der Buchhandlung, die diese literarische Begegnungsstätte in mehr als 20 Jahren mit einem besonderen Ausmaß an persönlichem Einsatz geführt hat und auf deren Schultern die täglichen Entscheidungen meist alleine ruhten. Ihnen Allen aber besonders Petra Kringel schuldet die Familie Marissal Dank für die zurückliegenden Jahrzehnte.
Das Verschwinden internationaler Buchhandlungen im allgemeinen, der in allen deutschsprachigen Städten zu beobachten ist, und der deutschen Buchhandlungen im Ausland (hier sein nur auf New York, Rom und Barcelona verwiesen) ist bedauerlich, aber wohl unausweichlich.
Christel und Günther Marissal (Hamburg)
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