Der Einkaufszusammenschluss von Thalia Mayersche und Osiander heizt die Diskussion über die auseinandergehende Konditionenschere zwischen großen und kleinen Händlern an. Eigentlich soll das Buchpreisbindungsgesetz durch die Vorgabe in §6 (3) hohen Marktführerrabatten Grenzen setzen: „Verlage dürfen für Zwischenbuchhändler keine höheren Preise oder schlechteren Konditionen festsetzen als für Letztverkäufer, die sie direkt beliefern.“ Dass diese Regel womöglich nicht so richtig funktioniert, protokolliert sogar das Bundeskartellamt (s. Kasten).
Auch der Börsenverein hat die Rabattspreizung zulasten kleiner und mittlerer Buchhandelsunternehmen als eskalierendes Problem erkannt und spricht bereits zu Jahresanfang im Bundeswirtschaftsministerium wegen einer Verschärfung der Regel per Gesetzesnovelle vor. Die Idee einer fixen Rabattobergrenze von 50% erweist sich jedoch als politisch nicht durchsetzbar, sodass jetzt diese Option auf dem Tisch liegt: In einem neu gefassten §6(3) sollen nicht nur Rabatt gewährende Verlage in die Pflicht genommen werden, sondern auch Händler, die überhöhte Rabatte fordern. Und die Preisbindungstreuhänder sollen im begründeten Verdachtsfall Bucheinsichtsrecht und Klagebefugnis erhalten, um Verstöße wirklich ahnden zu können.
Der gern betonte Konsens, die Preisbindung hochzuhalten, bricht, wenn es um stärker gebundene Konditionen geht. Bei den Fachgruppensitzungen im November wird klar, dass nicht nur große Händler ihre Marge verteidigen. Auch einige Verlage sorgen sich, dass die Konditionenschere sich am Ende nur dadurch schließen lässt, dass auch dem Zwischenbuchhandel die hohen Marktführerrabatte eingeräumt werden müssen.
Eine angekündigte Umfrage unter Publikumsverlagen, die das Ausmaß der Rabattspreizung aufzeigen sollte, hat der Börsenverein wieder in die Schublade gelegt, um jetzt nach einer Alternative zur Novellierung des BuchPrG zu suchen.
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Kartellamt zur Konditionenfrage
In seinem Fallbericht zum Zusammenschluss von Thalia und Osiander hat das Bundeskartellamt Marktteilnehmer zu ihrer Einschätzung der Marktmacht von Thalia befragt und hält dazu die Zweifel an der Wirksamkeit der Preisbindung fest:
- „Einzelne Wettbewerber wiesen auch darauf hin, dass das Gewähren besserer Konditionen für große Händler zwar durch die Buchpreisbindung grundsätzlich beschränkt sei, diese Schutzwirkung jedoch teilweise aufgrund separat ausgewiesener Sonderkonditionen der Verlage nicht greife.“
- „Auch in Bezug auf die Barsortimenter wurde vorgetragen, dass die Vorgaben der Buchpreisbindung – hier dass die Verlage den Zwischenbuchhändlern keine schlechteren Konditionen gewähren dürfen als den Letztverkäufern – nicht mehr durchgehend ihren Schutzzweck erfüllen würden.“
Quelle: Bundeskartellamt: Fallbericht Zusammenschluss Thalia/Osiander (Aktenzeichen: V-27/20).
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