In den aktuellen Herbst-Programmen finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autorinnen und Autoren. buchreport stellt 18 dieser Newcomer in Steckbriefen vor. Heute: Matthias Lohre.
Mein Roman in drei Sätzen
„Der kühnste Plan seit Menschengedenken“ erzählt die Geschichte von Herman und Irene Sörgel, die Ende der 1920er-Jahre tatsächlich die Welt retten wollten, indem sie dafür warben, das Mittelmeer durch gigantische Staudämme abzusenken und so Europa und Afrika zu einem friedlichen und wohlhabenden Superkontinent namens „Atlantropa“ zu vereinen. Der höfliche Architekt Herman und die direkte Irene finden für ihr Projekt, das einen weiteren Weltkrieg zu verhindern helfen soll, in der Weimarer Republik breite Unterstützung, bevor Hitlers Machtübernahme zunächst alle Hoffnungen zunichte macht. Doch dann entdecken Nazi-Funktionäre Atlantropa als Instrument ihrer Eroberungspolitik, und Herman muss sich zwischen seinem Lebenstraum und seiner jüdischen Ehefrau entscheiden.
Mein Weg zu Wagenbach
Das bestehende Manuskript – den ersten Akt plus eine detaillierte Kapitelübersicht – sandte ich unverlangt ein.
Das Verdienst meiner Lektorin
Annette Wassermann las die Kapitel nicht nur sofort und zeigte sich von der Lektüre begeistert, sondern es gelang ihr auch binnen Kurzem, ihre Kolleginnen und Kollegen im Konsenslektorat des Verlags Klaus Wagenbach mit dieser Euphorie anzustecken.
Mein Eindruck von Literaturbetrieb und Buchbranche
Beide scheinen dem Journalismus, der mich geprägt hat, zu ähneln: Scheue Einzelkämpfende, die ihre Fähigkeiten häufig unterschätzen, müssen sich behaupten gegen laute Selbstgewisse, die auch nur mit Wasser kochen, während Ältere die Vergangenheit der Branche glorifizieren und seit Jahrzehnten erklären, das Ende komme morgen.
Meine Lieblingsbuchhandlung
Der Georg Büchner Buchladen in Berlin-Prenzlauer Berg, wo ich mit meiner Familie wohne. Das Sortiment zeugt von so viel gutem Geschmack, dass ich es noch nie gewagt habe, darauf hinzuweisen, dass ich in der Auslage mal wieder keines meiner Werke gesehen habe.
Debütantinnen und Debütanten– im buchreport.magazin 07-08/2021
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Meine Lieblingsautoren
Bei den modernen Klassikern des frühen 20. Jahrhunderts fühle ich mich besonders heimisch: Joseph Conrad und Joseph Roth, Janet Lewis und immer wieder Thomas Mann. Dazu Jonathan Franzen, Wolfgang Herrndorf und der beste Geschichtenerzähler, der kein Romancier war: Joseph Campbell.
So lese ich
Im Idealfall: über Stunden auf der Couch, den Hinterkopf an ein Kissen gelehnt, neben mir eine Tasse Kaffee und ein Notizblock. Seit der Geburt unseres Sohnes im vergangenen Jahr: maximal zehn Minuten lang zwischen Windelwechsel und Zubereiten des Haferbreis.
Schreiben ist für mich
ein Anker. Seit ich mit 13 Jahren anfing, Tagebuch zu schreiben, hilft mir das Schreiben, diese beängstigende und bewunderungswürdige Welt, mein Inneres und die Wechselwirkungen zwischen alldem ein wenig besser zu verstehen. Deshalb studierte ich auch Geschichte, wurde ich Journalist und schrieb ich mehrere Sachbücher.
Wenn ich nicht gerade schreibe
Warte ich ungeduldig darauf, dass unser Sohn endlich alt genug ist, damit ich ihm meine Lieblingsbücher vorlesen kann.
Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?
Wir haben dieses Debüt aus dem Stapel der unverlangt eingesandten Manuskripte gefischt, weil Matthias Lohre seine Geschichte auf der Basis historischer Fakten so lebendig und spannend erfindet und zugleich einen schicksalhaften Liebesroman erzählt. „Der kühnste Plan seit Menschengedenken“ ist beinahe 100 Jahre alt und sucht ebenso visionär wie unerschrocken nach der Lösung ganz heutiger Probleme wie Energieversorgung, Armutsbekämpfung, Migration, Frieden und: individuelles Glück.
Annette Wassermann, Lektorin
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