Der buchreport will Buchhändlern offenbar Mut machen und propagiert, der Handel mit Büchern könne „fit für den E-Book-Markt” werden. Der Artikel in Form eines Interviews mit einem saarländischen Buchhändler ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie eine vom technischen Fortschritt und dem mit ihm einhergehenden Strukturwandel betroffene Branche sich selbst Sand in die Augen streut.
E-Books sind das Ende des klassischen Buchhandels, wenn sie sich erst einmal auf breiter Front durchgesetzt haben werden. Die entscheidende Frage für den deutschen Buchmarkt lautet diesbezüglich deshalb nicht mehr „ob“, sondern nur noch „wann“. Doch betrachten wir die Argumente, mit denen laut Manfred Queißer der Buchhandel die Zukunft wird meistern können:
- Beratungs-Argument: „Die Kunden wollen Beratung… und suchen Sicherheit bei ihrem Buchhändler”. Das ist reine Augenwischerei, denn längst schon hat der Buchhandel den Überblick über die (gedruckte) Publikationsflut verloren. Bei über 100.000 Neuerscheinungen pro Jahr und einer Backlist, die über alle Verlage hinweg der Dimension „unendlich” nahe kommen dürfte, bedarf das Empfehlungs- bzw. Medien-Management der Zukunft effizienterer Methoden als der simplen Beratung durch einzelne Köpfe. Die Rezensionen auf Amazon zeigen im Ansatz, wohin die Entwicklung führen wird, Social Networks wie Facebook werden ihren Teil dazu beitragen.
- Mehrwert-Argument: Eigentlich nur eine Variation zu Argument Nr. 1, wobei hier auf verschiedene Erscheinungsformen und Varianten eines Werkes (E-Book, Hörbuch, gedruckte Ausgabe…) abgehoben wird. Auch hier nur Augenwischerei, denn im Zweifel wird der elektronische Shop einen einzelnen Titel in allen seinen digitalen Varianten anbieten können, nicht aber der Buchhändler, der schon aus Platzgründen nicht zu jedem gedruckten Buch auch das Hörbuch vorrätig halten kann.
- Empfehlungs-Argument: „Empfehlung für Kunden, denen Großdruck nicht mehr reicht: E-Books eignen sich auch für Menschen, die nur noch ganz große Buchstaben lesen können”. Ein Verzweiflungsargument, anders lässt sich dieser Satz nicht interpretieren. Am Ende kämen demnach nur noch die Beinahe-Blinden zum Buchhändler, weil sie die elektronischen Bookstores nicht mehr bedienen können, aber auf E-Books doch nicht verzichten wollen?
- Elektronik-Argument: Vollends absurd wird es, wenn der Buchhändler zum Ratgeber (und Verkäufer?) bei der Auswahl des passenden E-Book-Readers mutieren soll. Das derzeit wohl populärste Gerät dieser Gattung, das iPad von Apple, kann man online (Apple, Amazon…) sowie in einem der Apple Stores bzw. in ausgewählten Elektronik-Fachmärkten kaufen. Daran dürfte sich so bald nichts ändern, denn E-Books werden nicht nur auf E-Book-Readern gelesen, sonder auch auf Smartphones, Notebooks bzw. Desktop-Rechnern. Es gibt also nicht den “einen” E-Book-Reader (in unterschiedlichen Ausgaben), sondern eine ganze Phalanx an Geräten, die in diese Rolle schlüpfen kann und die schon im Elektronik-Fachhandel (online und stationär) samt Zubehör angemessen präsentiert wird. Der Buchhändler, der in diesen schnelllebigen Markt einsteigt, kann sich damit nur zwischen alle Stühle setzen.
- Verleger-Argument: Schließlich könne der Buchhandel bei vergriffener Regional-Literatur als Verleger, entweder von E-Books, oder über Print on Demand Umsatz machen. Von den technischen Vorbedingungen dieses Arguments einmal abgesehen, dürfte kaum ein Buchhändler auf dieser Schiene nennenswerte Umsätze machen und damit die langfristige Prosperität seines Betriebes sichern können
Im Ergebnis bleibt von der Argumentation nichts übrig. Der entscheidende Punkt ist, dass der Buchhandel seine Rolle als Intermediär verlieren wird, weil E-Book-Reader über ihren Anschluss an das Internet ihren eigenen Shop schon in sich tragen.
Das retardierende Moment, das dem klassischen Buchhandel noch etwas Zeit verschafft, ist der kulturelle Wandel, den die neue Technik mit sich bringt und den nicht alle Altersgruppen der Bevölkerung uneingeschränkt bwz. mit gleicher Geschwindigkeit nachvollziehen werden.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das aber kein gutes Argument für Investitionen. Der kluge Händler sollte deshalb eher an das Desinvestieren denken, so lange es noch geht:
- Marktbereinigung: In den nächsten 10 Jahren könnte jede zweite Buchhandlung aufgeben müssen. Darüber entscheiden dürfte der Standort: Je besser die Lage, desto eher wird sich ein Betrieb halten können.
- Vertragslaufzeiten: Langfristige Miet- oder Kreditverträge sind ein Klotz am Bein, wenn es gilt flexibel zu werden. Buchhändler sollten Abhängigkeiten von langfristigen Bindungen langsam aber sicher reduzieren.
- Alternative Konzepte: Bücher allein bringen es nicht mehr, helfen kann unter Umständen die Erweiterung des Sortiments um Produkte, die sicher vor der Digitalisierung sind. Zu viel Hoffnung sollte man darauf aber nicht setzen, wie ein vorurteilsfreier Blick auf die generelle Lage des Einzelhandels in unseren Innenstädten zeigt.
Am Wichtigsten aber scheint mir, dass sich der Buchhandel gedanklich frei macht von den ständigen Einflüsterungen seiner Verbände, der Verlage und anderer Akteure, die stets das hohe Lied der Buchkultur singen und nicht müde werden, die Bedeutung des Buchhandels zu betonen. Das alles wird dem einzelnen Händler nicht helfen, wenn seine Zahlen nicht mehr stimmen und seine Hausbank oder schon der Insolvenzverwalter vor der Tür stehen.
„Fit für den E-Book-Markt” ist deshalb nicht das Mantra für den Buchhandel, sondern für Kinder und Jugendliche, denen vermittelt werden muss, dass es neben Spielen und Videos auf ihren elektronischen Geräten auch noch die Gattung “Buch” gibt und dass Lesen bildet.
Matthias Schwenk, Diplom-Kaufmann, Unternehmensberater und Autor des Blogs „bwl zwei null“.
Originalbeitrag: www.bwlzweinull.de
Ich kann es einfach nicht glauben mit wieviel Ignoranz das Thema angegangen wird….
Ehrlich gesagt ich liebe Buchhandlungen und ich glaube nicht das sie aussterben werden aber der weg der Vermarktung wird sich so grundlegenend anedern das es nicht frueh genug sein kann und auch nicht stark genug. Es wird immer buecher geben die man nur in realer form kaufen kann. Ich denke z.B. an Kinderbuecher, and Maerchen an sachen deren real wert das physikalische handling ist. aber buecher zu einem preis zu verkaufen innerhalb der massenware das es schon an unverschaemtheit reicht ist eine Frechheit die nur mit der „vernichtung“ des prinzipes beantwortet werden kann.
Vernichtung …. was heisst das … ich habe einen Sohn der liebt die Perry Rhodan silberbaende … es kann doch nicht sein das diese buecher 24.95 kosten … das ist schmoekerware die ueber 3.99 nichts kosten sollte. Und es geht vielen Eltern so … vielen … in seiner Schuhle kann es sich kaum noch ein elternteil leisten das finanziell zu stemmen … lesen ist luxus …
Liebe Buchhandler … ihr werdet immer exsitieren nur leider nicht in der form wie heute …. keiner braucht euch um ein e-book runterzuladen .. aber warum kann ich nicht ein hoerspiel bei euch bekommen … ? digital … das ich als DVD bekomme … ? wenn ihr dann 3 tage braucht um es als DVD zu liefern verliert ihr gegen amazon ich habs in 24h bzw. ich habs digital sofort …
Ich moechte erleben das ich in einen Buchladen gehe und mit service bedient werde mit informationen die ich online nur mit aufwand bekommen kann …. Wo ist die kundenfreundlichkeit …. ?
ich kaufe eine fantasy reihe als ebook und band 7,8,9 kann ich nicht kaufen weil knaur keine ebook versionen anbietet … soll ich jetzt beucher kaufen ? wie stellt ihr euch das vor … ihr seid die stimme eurer kaufer ….
vertretet sie auch gegenueber den verlagen … es sind nicht buchpiraten … die euch das leben schwer machen es ist die inflexibilitaet der Verlage und die Buchpreisbindung.
Danke
Wahre Argumente –
aber stirbt damit nicht auch ein Stück Kultur?
bei uns gibt es noch einen Buchhändler(wir wohnen in einer Kleinstadt)
ich hab mich mal mit ihm unterhalten -er ist schon älter,und momentan auch schon bereits ganz schön am kämpfen.
Wie lange wird es Ihrer Meinung nach noch dauern,bis diese Entwicklung durchschlägt?
Übrigends- Buchstabengrößen kann man ja am Computer auch verändern!
Starke Thesen! Müssten die Buchhändler ja ganz schön umtreiben…
Auf boersenblatt.net diskutieren wir das Thema im Moment ja auch: http://www.boersenblatt.net/433541/
Vielleicht noch mal, weil direkt auf Ihren Artikel gemünzt, meine letzte AnmerKungen dazu hier als Kommentar:
Wenn die Thesen von Herrn Schwenk stimmen, muß sich also jeder Buchhändler, der im Moment noch seine Buchhandlung mit der Absicht betreibt, die nächste 15 Jahre davon leben zu wollen (also alle jünger als 50), mit Hauen und Stechen gegen alles wehren, was nach eBook riecht.
Er sollte, und dies am besten organisiert, alles meiden wie der Teufel das Weihwasser, was die eBook-Entwicklung nur einen Schritt voranbringt.
Er sollte zum Beispiel auf gar keinen Fall in seinem Buchhändler- und Verlegerverband den Betrieb der Plattform libreka! wünschen (es sei denn, man verfolgt das Konzept, dass libreka! eine geeignete Bremse für die Entwicklung des eBooks in Deutschland sein könnte 😉
Das wäre dann die Strategie: Nicht mitmischen, und langfristig verlieren.
Fragen wir also hier doch mal libreka!: Wie sehen Ihre (konkreten) Projekte aus, den Buchhandel mitzunehmen auf die Reise in die eBook-Welt?
Gibt es Pläne und Visionen, die skeptischen Buchhändler umzustimmen und sie nicht nur die Gefahr sehen zu lassen?
Fragen wir KNV und Libri: Welche Konzepte haben Sie, die Sortimenter mit auf die Reise zu nehmen? Was bieten Ihre neuen Shopsystem für handhabbare Tools, um besonders uns Sortimentern den Verkauf von eBooks leicht zu machen? Wie sehen Ihre Konditionen aus, die Sie für uns gegenüber den Verlagen rausholen? Geht da noch was gegenüber dem Status quo? Der ist momentan nicht geeignet, den Sortimentern Mut zu machen.
Und fragen wir die Verlage: Wenn Sie glauben, künftig 16% Umsatz mit eBooks machen zu können auf welchen Kanälen wollen Sie diese erreichen? Sehen Sie es auch so, dass diese überwiegend ohne das Sortiment gemacht werden? Und besorgt Sie das? Und wenn ja, an welchen Konzepten stricken Sie zur Zeit, um die Buchhändler miteinzubinden?
Und: Glauben Sie, dass der Handel für Sie bei der Vermarktung von eBooks ein Partner sein kann?
Und wenn nein: Empfinden Sie die Prognosen für eine Sortimentsbereinigung, wie oben geschildert, als problematisch für Ihr Gesamtgeschäft, oder führt diese für Sie nur zu einer Umsatzverschiebung hin zu weniger (größeren) Partnern?
„E-Books sind das Ende des klassischen Buchhandels, wenn sie sich erst einmal auf breiter Front durchgesetzt haben werden.“
Der Satz ist natürlich falsch.
Korrekt muß er heißen:
„E-Books wären das Ende des klassischen Buchhandels, falls sie sich jemals auf breiter Front durchsetzen würden.“