Für das Zukunftsszenario 2025 haben wir sechs maßgebliche Faktoren untersucht und auf Grundlage aktueller Trends und Daten eine mögliche Zukunft modelliert. Die Faktoren im Einzelnen:
1. Alltag
Als sicher gilt: Die deutsche Bevölkerung wird im Schnitt älter. Das hat Einfluss auf die Bedeutung von Gesundheit und Arbeit. Gesundheit wird zum Fetisch, ein ungesunder Lebenswandel zunehmend gesellschaftlich geächtet. Körperliche und geistige Gesundheit erhöhen nicht nur die Lebensqualität, sie sind auch zwingende Voraussetzungen, um im Beruf zu bestehen. Karrieren von morgen zeichnen sich durch zunehmend verschwimmende Grenzen zwischen Privatleben und Beruf aus. Hinzu kommen ein späterer Renteneintritt sowie häufiger wechselnde Arbeitgeber und das Jonglieren mehrerer Nebenbeschäftigungen. Umso wichtiger wird die Reduktion aufs Wesentliche. Was zählt ist die Nutzung, nicht der Besitz. Die Sharing Economy wird zum volkswirtschaftlich relevanten Phänomen und übersetzt die digitale Disruption in die physische Welt. Taxi-Unternehmen, Makler und Banken stehen vor ähnlichen Umwälzungen wie die Verlagsbranche.
2. Verbreitung
Die Homepage von Verlagen ist bloß mehr virtuelles Aushängeschild. Für den Traffic spielt sie keine große Rolle mehr. Die Leser kommen fast ausschließlich über Newsletter, soziale Netzwerke und Filter-Apps. Verlage versuchen zunehmend über Veranstaltungen neue Leser zu gewinnen und eine die Beziehung zu bestehenden Lesern zu festigen. Ziel ist es, aus Lesern Fans, aus dem Publikum eine Gemeinschaft zu machen. Dies funktioniert besonders gut in der Nische. Im Mainstream-Segment wird eine Konsolidierung stattfinden und die publizistische Vielfalt abnehmen.
3. Staatliche Regulierung
Noch folgt die Regulierung des Internets einem internationalen Multi-Stakeholder-Ansatz. Faktisch dominieren jedoch amerikanische Unternehmen und Institutionen die Strukturen. Einzelne Staaten wie China, Iran und Pakistan arbeiten schon heute eifrig an nationalen Netzen. Das World Wide Web zerfällt in viele regionale Netze mit unterschiedlich stark ausgeprägten Überschneidungen.
4. Endgeräte
Tragbare Sensor-Computer, sogenannten „wearables“, sind 2025 noch nicht in der Masse angekommen, aber auf dem besten Weg dorthin. Produkte wie Google Glass und Smart Watches sind für Verlage ein Hoffnungsschimmer. Sie bieten Möglichkeiten, Verlagsprodukte noch intensiver in die Lebenswelt der Leser zu integrieren.
5. Content Creation
Die Grenzen zwischen Konsumenten und Produzenten verschwimmen. Neue Vertriebswege machen es möglich, auch für kleinere Märkte Inhalte zu produzieren bzw. diese zu vertreiben. Produziert werden die Inhalte ohnehin in vielen Fällen von Hobby-Journalisten und -Autoren, die intrinsisch motiviert sind. Verlage können aus diesem wachsenden und kostenlosen Content Pool schöpfen, die Inhalte ggf. anreichern, aufbereiten und über ihre weiterhin konkurrenzlos reichweitenstarken Vertriebsnetzwerke verkaufen. An die Stelle handwerklicher Kunst rückt in vielen Fällen die unmittelbare Relevanz (örtlich/thematisch). Eine neue Generation an Nutzern stellt hohe Ansprüche an die Neuwertigkeit von Inhalten und verschmerzt andererseits stilistische Armut. Zur Amateurisierung kommt die Automatisierung. Viele Prozessschritte wie Recherche, Analyse und visuelle Aufbereitung werden von Software übernommen werden. Teilweise werden sogar ganze Texte automatisch generiert. Schon heute lassen sich unter dem Schlagwort Roboterjournalismus die ersten Schritte in diese Richtung erkennen.
6. Gesellschaftliche Bedeutung von Verlagsprodukten
Mit der Mediennutzung fragmentiert auch die Gesellschaft. In Expertenzirkeln wird weiterhin Expertenwissen vorausgesetzt. Auch in Zukunft werden in diesen Kreisen Bücher und Zeitungen gelesen – in analoger und digitaler Form. Im Bevölkerungsschnitt jedoch verlieren klassische Medien an Bedeutung. Unterhaltungsangebote aus dem Games- und Lifestyle-Bereich beanspruchen einen wachsenden Teil der verfügbaren Aufmerksamkeit. Was bei Buchverlagen heute schon üblich ist, findet auch Gültigkeit im Journalismus der Zukunft: statt als Beruf wird die publizistische Tätigkeit als Hobby und Selbstvermarktungswerkzeug gewertet. Journalisten, die mit ihrer publizistischen Arbeit ihren Lebensunterhalt bestreiten können, werden von der Regel zur Ausnahme.
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