1a-Einzelhandelsflächen haben gute Konjunktur, melden die Immobilienberater von Kemper’s Jones Lang Lasalle – trotz der bescheidenen Einzelhandelsentwicklung. Kemper’s-Geschäftsführer Gerhard Kemper erläutert die Entwicklung der Einzelhandelsstandorte und kann sich vorstellen, dass sich die steigenden Energiepreise nicht nur auf die Kauflaune auswirken, sondern auch auf die Einkaufswege.
Trübe Einzelhandelsentwicklung und rege Nachfrage auf dem Vermietungsmarkt – ein Widerspruch?
Kemper: Das ist gar kein Widerspruch. Die trübe Einzelhandelssituation ist nur ein Durchschnittsbefund. Es gibt immer herausragende Konzepte, die gegen den Trend gute Geschäfte machen und die knappen 1a-Lagen nachfragen. Es ist sogar so, dass manch gute Lagen womöglich erst wegen des schwachen Marktes im gesamten Einzelhandel frei werden: Wenn die Einzelhandelskonjunktur gut ist, geht kein Händler aus seiner 1a-Lage heraus.
Wie entwickeln sich in dieser Konstellation die Mieten?
Kemper: In den guten Lagen der großen Städte sind die Mieten in den letzten eineinhalb Jahren spürbar gestiegen, zum Teil um 10% und mehr. In Mittel- und Kleinstädten sind die Mieten von Ausreißern abgesehen stabil bis leicht zunehmend. Für das zweite Halbjahr erwarte ich, dass sich die Anstiegsdynamik der Mieten leicht abschwächt.
Wie ist die Situation für Standorte außerhalb von 1a-Lagen?
Kemper: Es gibt einen Trend zur Lage-Polarisierung, der sich in Zeiten eines Abschwungs verstärkt: Die 1a-Lagen werden stärker, während in den B-Lagen die Mietpreise fallen und es schwieriger ist, hierfür Mieter zu finden.
Welche Rolle spielen die Einkaufszentren?
In gut funktionierenden Einkaufszentren können Einzelhändler guten Umsatz machen. Aber generelle Aussagen sind kaum möglich, weil sich Konzept, Standort und Verkehrsanbindung sehr unterscheiden.
Wie verschieben sich Lage-Bewertungen durch den Benzinpreisanstieg? Vorteil Internet?
Der Online-Handel kann womöglich von den hohen Verkehrskosten profitieren, ob das aber bei Büchern entscheidend ist? Da ist das Abwägen zwischen eindrucksvollen Suchfunktionen und dem erlebnisorientierten Stöbern im Buchregal vermutlich entscheidender.
Generell wird es so sein, dass Standorte im Vorteil sind, die gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind. Das trifft für die meisten 1a-Lagen und innerstädtischen Shopping-Center zu. Tendenziell werden solche Standorte leiden, für deren Erreichbarkeit man zwangsläufig ins Auto steigen muss. So könnte sich das Einzugsgebiet von Innenstädten oder einzelnen Einkaufszentren verkleinern, weil die Leute weniger willens sind, 30 oder 40 km zu fahren. Da wird womöglich auch eine geringere Auswahl im Nahbereich in Kauf genommen. Aber zu den Auswirkungen des Benzinpreisschocks gibt es noch keine harten Zahlen.
Die Fragen stellte Thomas Wilking
Kommentar hinterlassen zu "Mehr Einkäufe im Nahbereich?"