Wie können Personaler der Medienbranchen trotz Fachkräftemangel und wachsenden Ansprüchen der Arbeitnehmer die richtigen Köpfe für den digitalen Wandel gewinnen, weiterbilden und im Unternehmen halten? Diese Fragen wurden jetzt auf dem von der Akademie der Deutschen Medien und Bommersheim Consulting organisierten „HR Future Day“ in München diskutiert. Eine Erkenntnis: Die Unternehmenskultur muss „menschlicher“ werden.
Mitarbeiter loslassen und Experimente ermöglichen
Was Start-ups anders machen als etablierte Medienhäuser, hat Kerstin Schiefelbein analysiert, die nach verschiedenen Führungspositionen bei Hubert Burda Media den Social-Media-Publisher Visual Statements mitgegründet hat: „Obwohl Start-ups weniger finanzielle Ressourcen und mehr zu verlieren haben, ist die Risikobereitschaft in großen Medienunternehmen viel geringer.“
Schiefelbein empfiehlt, eine Vertrauenskultur mit Raum für Fehler zu schaffen, den Mitarbeitern mehr Eigenverantwortung zu übertragen und eher in kleinere Experimente mit kurz gesetzten Zielen („think big, start small“) als in lange vorbereitete Großprojekte zu investieren.
Es sind Faktoren, auf die auch Christine Zwinger setzt, die als Personalleiterin bei der Südwestdeutschen Medienholding den Wandel vom Zeitungsverlag zum Medienhaus mitbegleitet: Ihr Lösungsansatz ist die Auflösung von starren Hierarchien zugunsten agiler, selbstorganisierender Teams und einem Fokus auf demokratische Entscheidungsprozesse. Sie kritisiert, dass bei der Digitalisierung oft nur über Technologie gesprochen wird und die Menschen zu kurz kommen. „Es geht nicht um Humanressourcen, sondern um Menschen.“
»Menschliche Arbeitswelt statt Kicker im Pausenraum«
Für Anna Kaiser ist eine „atmende“, flexible Organisation entscheidend. Das Prinzip wird im eigenen Unternehmen, der auf Jobsharing spezialisierten Plattform Tandemploy, vorgelebt, die mittlerweile auch als Software as a Service für die interne Nutzung in Unternehmen angeboten wird und auch Mentoring, Projektmanagement und Job Rotation unterstützt.
„Meine Aufgabe ist es, dass die Arbeit in das Leben meiner Mitarbeiter passt. Bei uns arbeiten alle flexibel und in Teilzeit. Mütter in Teilzeit sind unsere produktivsten Mitarbeiter.“ Mit Perspektive Kompetenzgewinn: „Zwei können viel eher die Eier legende Wollmilchsau sein, die sich doch jeder HR-ler und Chef herbeisehnt.“
Den menschlichen Faktor betont auch Berater Robert Franken: „Change ist oft sehr prozessorientiert und neigt dazu, Menschen zu Produktionsfaktoren werden zu lassen. Das merken die Menschen.“ Entscheidender als eine gute Strategie sei eine positive Unternehmenskultur, die wirklich gelebt wird. Die aus seiner Sicht wichtigste Aufgabe an Führung von heute: „Wenn man schon nicht weiß, wo man in drei Jahren steht, muss man durch stabile Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass die Mitarbeiter eine Chance haben, mit der Veränderung klarzukommen.“
»Schmeißen Sie die Arschlöcher raus«
Dass ein positiver Umgang der Mitarbeiter untereinander sich auch in den Zahlen niederschlägt, pointiert auch Nico Rose, Senior Director Corporate Management Development bei Bertelsmann. Gelungene Beziehungen zu den Kollegen und Vorgesetzten seien nicht nur der wesentliche Faktor für Freude an der Arbeit, sondern laut Studien auch der wichtigste Treiber für eine außerordentliche Teamleistung. Weil Kritik die Menschen nachweislich unkreativer und weniger leistungsfähig mache, zitiert Rose gern den Management-Professor Robert Sutton: „Schmeißen Sie die Arschlöcher raus“. So könne man die Profitabilität des Unternehmens nachweislich steigern.
Der nächste HR Future Day findet statt am 1. März 2018 in München.
Interviews mit den Referenten des HR Future Day:
- Christine Zwinger: „Wir Personaler sind Enabler“
- Anuschka Albertz: „Produkt vom Anfang bis Ende denken“
- Jana Tepe: „Gerade auf Führungsebene sind Tandems wichtig“
- Robert Franken: „Organisationskultur ist entscheidend beim digitalen Wandel“
- Kerstin Schiefelbein: „Die Management-Anforderungen sind oft spannender in Start-Ups“
Fotos: © Akademie der Deutschen Medien/Storytile
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