Kann die strikte deutsche Buchpreisbindung geschmeidiger gestaltet werden?
Diese Frage haben einige Branchenunternehmen im Börsenverein auf die Agenda gesetzt.
Die Idee: Es gibt weiterhin einen gebundenen Preis für Bücher, aber dieser darf überboten werden. Der gebundene Preis wäre ein Mindestpreis. Eine Buchhandlung könnte also Bücher teurer verkaufen als vom Verlag festgelegt.
Das Thema soll jetzt wegen der Komplexität und der bei Preisbindungsfragen gebotenen Behutsamkeit zunächst in kleineren Verbandsgremien diskutiert werden. Es dürfte allerdings jetzt kaum auf den Buchtagen am 20./21. Juni in Frankfurt ausgespart bleiben, auch wenn es nicht als expliziter Punkt auf den Tagesordnungen der Ausschüsse und der Jahreshauptversammlung steht. Ein erstes Meinungsbild in Form einer buchreport-Umfrage gibt es bereits: Viele unabhängige Buchhandlungen sind skeptisch und warnen davor, an der Preisbindung zu rühren.
Das Vorbild: Im Jahr 2000 hat Österreich ein Preisbindungsgesetz beschlossen, 2 Jahre vor Deutschland und mit mehr Spielraum. So können Händler den festgesetzten Verkaufspreis bis zu 5% unterschreiten, dürfen aber nicht mit einem solchen Nachlass werben. Darum geht es aber nicht, sonder dass nach oben preislich alles offen ist, denn im Österreichs Gesetz steht der Begriff „Mindestpreis“:
Der vom Verlag oder Importeur festgelegte Letztverkaufspreis ist dort definiert als „der bei der Veräußerung von Waren […] an Letztverbraucher einzuhaltende Mindestpreis exklusive Umsatzsteuer“. Auf diese Formulierung verweisen jene Börsenvereins-Mitglieder, die jetzt die Mindestpreis-Diskussion für Deutschland angestoßen haben, sagt Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang.
Die Optionen: Wenn der von den Verlagen gebundene Preis ein Mindestpreis ist, bedeutet dies: Es gibt durch die festgelegte Untergrenze zwar keinen Preiskampf mit Sonderangeboten, aber Buchhändlerinnen und Buchhändler könnten in ihrem Sinne nachbessern:
- z.B. den Ärger über die 99-Cent-Preise durch Aufrundung beenden
- z.B. den gut nachgefragten, nicht austauschbaren Bestseller auch für 1 oder 2 Euro mehr verkaufen als der Verlag kalkuliert hat, um so die eigene Marge zu erhöhen
- z.B. je nach Marktposition und Kundschaft einzelne Titel oder Sortimentsbereiche verteuern.
Womöglich könnten dann auch Beschaffungskosten berechnet werden, die manche Besorgung unrentabel machen und bisher nicht an Kunden weitergegeben werden können.
Wenn man so will: Weniger über Verlage ärgern, sondern selbst Entscheidungen treffen.
Das alles sind erste Gedankenspiele für eine mögliche Gesetzesänderung, die gebundene Preise als Mindestpreise definieren könnte – mit der Option eines flexiblen Preisaufschlags durch den Handel. Wenn man so will: Weniger über die Verlage ärgern, sondern selbst Preisentscheidungen treffen.
Umfrage: Mäßiges Interesse am Mindestpreis
Die Gedankenspiel-Laune hält sich im Buchhandel allerdings in Grenzen. In einer aktuellen buchreport-Umfrage mit Reaktionen überwiegend aus dem unabhängigen Buchhandel stößt die Idee mehrheitlich auf Ablehnung. Die Einwände reichen von der Befürchtung, in einem dann letztlich doch entstehenden Preisvergleichs-Wettbewerb zu verlieren, bis hin zum praktischen Aufwand der Preisauszeichnung, wenn der übliche Preisaufdruck und die Voretikettierung entfallen.
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Die Buchpreisbindung ist ein außerordentlich hohes Gut, das wir als Branche verteidigen müssen. Diese nun unnötig losgetretene Diskussion einer Anpassung hin zu einem Mindestpreis ist etwas, was mich total irritiert bis maßlos ärgert. Aus der Diskussion des vom Börsenvereins initiierten runden Tisches kann ich nur wiederholen, dass sich alle darin einig waren, die Buchpreisbindung NICHT anzufassen, da der Ausgang eines solchen Vorgehens bei der aktuellen politischen Situation komplett unsicher ist. Wer diese Diskussion nun auf den Tisch gebracht hat und weiter befeuert, kann doch nur die Absicht haben, die Buchpreisbindung letztendlich komplett abzuschaffen.