Ein Schrecken fuhr österreichischen Buchhändlern vergangene Woche in die Glieder: In Medienberichten hieß es, die Preisbindung in dem Alpenland sei in akuter Gefahr. „EU kippt fixe Buchpreise“, titelten etwa die „Oberösterreichischen Nachrichten“. Die Entwarnung kam aber schon tags darauf: Das Preisbindungsgesetz muss wohl nur in einem Punkt nachgebessert werden.
Anlass für die Aufregung war das Plädoyer von Verica Trstenjak, Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), in dem vom Filialisten Libro provozierten Verfahren über die österreichische Preisbindung (buchreport berichtete). Darin hatte die Juristin u.a. kritisiert, das Gesetz diskriminiere deutsche Verlage.
Auch wenn sich der EuGH in seinem für Frühjahr erwarteten Urteil der Generalanwältin anschließt, könnte der Gesetzgeber das Problem schnell beheben: Er müsste die Importklausel dahingehend ändern, dass deutsche Verlage den österreichischen Preis für ihre Bücher festlegen könnten. Angesichts der Tatsache, dass alle im Parlament vertretenen Parteien die Preisbindung unterstützten, werde diese „Reparatur“ wohl umgehend erfolgen, gab Michael Kernstock, Obmann der Buch- und Medienwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich, beruhigend zu Protokoll.
Das Plädoyer der Generalanwältin
In ihrem Plädoyer vor dem EuGH hat Generalanwältin Verica Trstenjak erklärt, das österreichische Preisbindungsgesetz verstoße in seiner gegenwärtigen Form gegen EU-Recht:
- Da österreichische Importeure die deutschen Netto-Preise nicht unterschreiten dürfen, könne der Preis für deutsche Bücher – anders als bei österreichischen – „nicht nach freiem Ermessen und damit allein unter Berücksichtigung von Marktbedingungen festgelegt werden“, kritisiert die Juristin.
- In dem Plädoyer betonte die Generalanwältin aber auch, dass nationale Buchpreisbindungen grundsätzlich mit EU-Recht vereinbar sind.
- Die Stellungnahme ist für das Gericht nicht bindend. In den meisten Fällen folgt es aber dem Votum der Generalanwälte.
aus: buchreport.express 52/2008
Kommentar hinterlassen zu "Missverstandene Kritik"