Auch Reiner Calmund lässt sich an den Kamin laden – im November erscheint bei C.Bertelsmann die Autobiografie „fußballbekloppt!“. |
In den USA fast schon ein alter Hut, in Deutschland Neuland: Kurz vor der Frankfurter Buchmesse hat die Verlagsgruppe Random House den Startschuss für einen neuen Geschäftsbereich, die konzerneigene „ReferentenAgentur Bertelsmann“, gegeben. Die Agentur soll Redner und Referenten für Seminare, Kongresse, Messen, Kamingespräche und andere hochkarätige Veranstaltungen vermitteln.
„Als Teil eines internationalen Medienunternehmens verfügen wir über ein dichtes Netz an Kontakten zu herausragenden Persönlichkeiten, renommierten Autoren und Experten zu den verschiedensten Themenbereichen“, sagt die Lizenz-Chefin und jetzt auch Leiterin der ReferentenAgentur Bertelsmann Bettina Breitling in der Pressemitteilung. „Dieses Know-how wollen wir künftig interessierten Unternehmen aus Wirtschaft und Kultur, Sport oder Gesundheit gezielt zur Verfügung stellen und einen umfassenden Service aus einer Hand bieten.“
Unter den Referenten sind laut Random House bekannte Namen wie der Nobelpreisträger und Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz, der Philosoph und Schriftsteller Richard David Precht, der Zeitmanagement-Experte Lothar J. Seiwert und die Management-Trainerin und Bestseller-Autorin Sabine Asgodom.
Auf der internationalen Bühne ist der Vorstoß von RH nicht neu:
– HarperCollins war im Mai 2005 die erste der großen amerikanischen Publikumsverlagsgruppen mit eigener Redneragentur. Es war die im Juni aus dem Amt geschiedene Verlegerin Jane Friedman, die das Speakers Bureau ins Laufen gebracht und mit Jamie Brickhouse einen der erfahrensten PR-Spezialisten der US-Buchbranche als Leiter an Bord geholt hatte.
– Mittlerweile betreiben auch Alfred A. Knopf (seit Januar 2006) und Penguin USA (Juni 2006) eigene Rednerbüros.
– Random House USA ist seit Oktober 2005 mit der Bostoner Agentur American Program Bureau (ABP) liiert – wird diese Liason vermutlich jetzt jedoch auflösen.
– Zuletzt ist Mitte Juni auch Simon & Schuster mit Partner Greater Talent Network auf den Zug aufgesprungen.
Über Geld reden zwar alle Beteiligten in den USA ungern, aber für ihre Vermittlertätigkeit kassieren die Speakers Bureaus der Verlage 20% des Honorars. Damit sind sie billiger als die professioneller Agenturen, die bei 25% bis 30% liegen. Die Bandbreite bei den Honoraren ist groß: Der Standardsatz liegt zwischen 5000 und 7500 Dollar, nach oben gibt es kaum Grenzen; für Topnamen können es 100000 Dollar und mehr sein.
Nach den Erfahrungen von Jamie Brickhouse, der für HarperCollins die eigene Redneragentur koordiniert, tun sich insbesondere für Autoren aus der zweiten Reihe neue Möglichkeiten auf. „Um einen John Grisham reißen sich alle; wir vertreten auch Autoren, die die Rednerbüros nur bedingt nehmen, weil sie nicht in der ersten Liga spielen“, sagt Brickhouse. Ein weiterer positiver Aspekt ist für ihn die Tatsache, dass der Redner, anders als bei einer Lesereise, durch die klar definierte Zielgruppe jeder Veranstaltung sicher sein kann, vor einem vollen Auditorium zu stehen. „Das ist Risikominimierung pur.“
Anja Sieg, Daniel Lenz
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