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Mit Büchern werden aus Vorsätzen Taten

Gute Laune bei den Ratgeber-Verlagen: In den ersten 5 Monaten haben Ratgeber beim Umsatz um 7,4% zugelegt, das verwandte Reisesegment ist 5,5% im Plus.
Die Sorgenfalten, dass die gezielte Suche im Internet und Spezialportale à la chefkoch.de ihnen das Leben schwer machen könnten, sind geglättet. Im Gegenteil: Gedruckte Ratgeber sind sogar zu einem Motor der zarten Buchkonjunktur geworden und im zusammenrückenden stationären Buchhandel stehen Ratgeber nicht mehr oben auf der Streichliste. 
Wichtigster Ansatz für die Verlage ist aktuell, die spezifischen Stärken der Ratgebertitel weiterzuentwickeln und hinsichtlich der Mediennutzungsgewohnheiten zu optimieren und durch digitale Applikationen zu ergänzen. Wie die überwiegend weibliche Ratgeberkundschaft tickt, hat Marktforscherin Lisa Neundorfer (leitet seit 1999 den Geschäftsbereich Consumer & Customer des IFAK Instituts, Taunusstein) bei der Frühjahrstagung der Ratgeber-Verlage in Berlin präsentiert, auf der Basis einer aktuellen Studie für den Rat-Marktführer Gräfe und Unzer.
Anders als die vom Internet absorbierten Le­xi­ka erfreuen sich gedruckte Rat­geber weiterhin guter Nachfrage. Ist das überraschend?
Das Internet ist heute sicherlich die wichtigste Quelle für schnelle Information und ers­te Anregungen. Es ist aber mit der Fülle von Informationen und Meinungen auch an­stren­gend und z.T. verwirrend. Die Le­ser von Ratgeberbüchern vermissen am In­ter­net aber vor allem die Seriosität. Tipps und Rat kommen oft von anonymen Experten, deren Herkunft nicht vertrauenswürdig ist. Ein gutes Ratgeberbuch bietet dagegen umfassende Information eines ausgewiesenen Experten, ist gut strukturiert und gibt klare Anleitungen für die praktische Umsetzung.

Kochrezept-Datenbanken haben ungebrochen steigende Zugriffszahlen. Warum geht die On­line-Rezeptsuche an Kochbüchern scheinbar spurlos vorüber?

Brauche ich schnell ein Rezept für ein bestimmtes Gericht oder suche ich eine Anregung für bestimmte Zutaten, hat das Internet deutliche Vorteile. Das Kochbuch hat darüber hinaus die Funktion, zu inspirieren und zu motivieren. Gute Kochbücher tun dies nicht nur mit Rezepten, sondern auch mit großzügiger farblicher und fotografischer Gestaltung: Sie inszenieren eine Saison, eine Region, ein Lebensgefühl oder auch einen berühmten Koch. Kulturelle Hintergründe, Informationen über Zutaten und verführerische Bilder bieten heute mehr denn je einen ganzheitlichen Genuss für den Kochbuchkäufer. Ob die Rezepte auch gekocht werden, ist eine ganz andere Frage.

Welche Stärken müssen Ratgebertitel im Vergleich zu anderen Medien pflegen?

Die Medien ergänzen sich. Das ist jedenfalls das Ergebnis unserer Studie. Die Zeitschrift inspiriert, das Internet befriedigt die erste Neugier, aber erst das Buch trägt dazu bei, dass Vorsätzen auch Taten folgen, ob Diät, der gute Umgang mit Tieren oder eine bessere Work-Life-Balance. Das Buch kann Leitfaden sein, das zum Handeln aktiviert, Orientierung gibt, Fertigkeiten vermitteln und die Sicherheit gibt, auch bei einem bisher weniger bekannten Thema richtig zu handeln. Unsere Studie belegt einen sehr hohen Bedarf an umfassender und praxisnaher Hilfestellung für all das, was in unserer multioptionalen Welt neu auf uns zukommt.
Wird auch die nachwachsende Generation die Buchstärken in dieser Form wahrnehmen?
An unserer Studie haben drei Frauengenerationen teilgenommen. Gerade die jüngs­te Gruppe in der Phase vor dem Familienleben zeigt ein starkes Bedürfnis nach Inspiration und Motivation, um im Übergang zwischen un­ge­zwun­gener Freiheit und selbst gewählter Bindung ihren Lebensweg sinnhaft zu planen. Wo es keine festen Werte und Regeln mehr gibt, geht es darum, sich Anregung für die eigenen Lebensgestaltung und Problembewältigung selbst zu suchen. Auch für diese Generation gilt: Das Buch kann ein Begleiter sein, helfend, aber nicht bevormundend. Wichtig ist, dass Ratgeberbücher auf neue Lebens- und Informatiosweisen im digitalen Zeitalter eingehen und Verlage sich auch mit einen medialen Mix in Form von Ergänzungen des Buchs um digitale Angebote befassen.

Lassen sich die Qualitäten von Ratgeberbüchern auf E-Books und Apps übertragen?

Hierzu kann ich nur eine persönliche Einschätzung beitragen: Das gedruckte Buch hat bisher über Bilder und Farben einen starken emotionalen Vorteil gegenüber dem E-Book insbesondere, wenn es über E-Reader nur schwarz-weiß zu lesen ist. Der Lesegenuss spielt auch beim Ratgeber eine bedeutende Rolle. Dafür sind schöne Bilder, eine ästhetische Gestaltung und selbst die Qualität des Papiers sehr bedeutsam.  Eine App müsste sich nicht als Alternative, sondern als Ergänzung zum Buch etablieren. Gut vorstellbar ist für mich eine Coaching-App, die hilft, das Gelernte im Alltag umzusetzen.

Kommentare

1 Kommentar zu "Mit Büchern werden aus Vorsätzen Taten"

  1. Angelika Engelhard | 20. Juni 2013 um 22:49 | Antworten

    Das hört sich nach einer spannenden Studie an – es lebe das gedruckte Buch!

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