In der Buchbranche wird seit Jahren preiskonstant kalkuliert. Der Verlag Bastei Lübbe bringt jetzt neue Dynamik in das Dauerthema. Die Kölner kratzen im Taschenbuch an der zementierten 10-Euro-Schwelle. Im buchreport-Interview sprechen Klaus Kluge, Vorstand Marketing und Vertrieb, und Stefanie Folle, Vertriebsleitung, über Preise, Spielräume und Perspektiven.
Im Taschenbuch setzen die Kölner zum Sprung über die 10-Euro-Schwelle an. In der Herbstvorschau werden offensiv elf Titel herausgestellt, die zum Preis von 10,99 Euro angeboten werden. Dazu zählen Genretitel, aber auch Topseller wie „Ich bin der Schmerz“ von Ethan Cross, „Herzfischen“ von Britta Sabbag und Maite Kelly wird zum Preis von 12,99 Euro offeriert.
Über Preiserhöhungen wird schon lange diskutiert. Jetzt prescht Bastei Lübbe vor. Ist die Schmerzgrenze überschritten?
Kluge: Die Diskussion ist nicht neu, aber die Rufe aus dem Handel werden immer lauter und auch bei uns gibt es bei den Programmpräsentationen verstärkt Diskussionen zwischen Vertrieb, Marketing und Lektorat. Wir hatten kürzlich eine Vorschau aus dem Jahr 1999 auf dem Tisch und rieben uns die Augen. Ein Hardcover von David Baldacci kostete damals 44 DM, was offenbar völlig schmerzfrei akzeptiert wurde. Seit der Umstellung auf den Euro haben wir beim Preis immer noch die 1 zu 2 Konvertierungsregel. Die Buchbranche hat es in den ganzen Jahren seit 2002 nicht geschafft, die Preise anzupassen. Im Gegenteil: Es gibt sogar Ängste, im Hardcover über die 20 Euro und im Taschenbuch über die scheinbar zementierte 10-Euro-Grenze zu gehen. Weil die Marge der Händler schmilzt und auch bei den Konditionen alles ausgereizt ist, müssen wir jetzt etwas tun und an der Preisschraube drehen. Das geschieht dezidiert mit Blick auf den Buchhandel: Wir brauchen langfristig die Sichtbarkeit in den 1A-Lagen. Das geht nicht ohne ein gesundes stationäres Sortiment.
Wie ist die Stimmung im Handel?
Kluge: Wir wissen um die schmale Rendite und die steigenden Kosten für Miete und Personal. Viele Buchhändler sagen, die einzigen, die noch etwas dazu beitragen können, unsere Rendite zu erhöhen, sind die Verlage, weil sie die Preishoheit haben.
Folle: Wir haben uns daraufhin entschlossen, die Buchhändler mit ins Boot zu holen und gemeinsam mit ihnen in einem Workshop auszuloten, was man tun kann. Teilgenommen haben u.a. die Buchhandlungen Osiander, Thalia und Hugendubel; es war ein im Ganzen repräsentativer Querschnitt. Von fast allen Teilnehmern kam der deutliche Appell: Traut euch endlich und seid mutig.
Gab es keinen Gegenwind bei den von Lübbe forcierten 99-Cent-Preisen?
Folle: Wir haben beim Workshop auch die Diskussion über die 99-Cent-Preise noch einmal angestoßen. Die meisten Buchhändler haben gesagt, es könnten auch 95, 98 oder 99 Cent sein, uns geht es beim Umsatz um jeden einzelnen Cent; interessant ist allerdings, was links vom Komma steht
Welchen Einfluss haben die niedrigen und tendenziell sinkenden E-Book-Preise?
Kluge: Ich bin davon überzeugt, dass sich die Schere noch weiter öffnen wird. Die E-Book-Preise werden sinken, auch bedingt durch die vielen Selfpublisher. Es ist aber eine andere Käuferschicht mit einer anderen Erwartungshaltung, die bei digitalen Büchern zugreift. Bei Spitzentiteln lässt sich problemlos ein Preisabstand von etwa 20% einhalten, der nicht schadet.
Das komplette Interview ist im buchreport.magazin 7,8/2015 zu lesen (hier zu bestellen)
Die Preisgestaltung bei Büchern sollte mehr Ausgewogenheit zeigen. Dies wäre doch einmal bei gebundenen Ausgaben (wie jetzt u. a. bei Bildbänden, Gesamtausgaben) zu sehen.
Entscheidend ist außerdem die Auflagenhöhe zur Festlegung vom Ladenpreis von Büchern.
Es ist eben doch so, dass auch manche Leser/innen auf die Ausgaben im Taschenbuch warten.
Dies hängt jetzt vom Preis der Taschenbücher ab und zudem sind diese immer noch handlich, um z. B. diese im Urlaub mitzunehmen.
Man sollte immer von den Verlagen auch erkennen, was ist beim Verkaufspreis möglich und was eben nicht.
Zudem kommt es sicher auch darauf an, ob jetzt ein Buch ein Bestseller ist und welcher Verlag verkauft gängige Bücher.
Das Marketing, also die Marktbeobachtung, spielt bei der Gestaltung des Ladenpreises für Bücher eine Rolle.
Wichtig ist auch heute der Stellenwert und der Bedarf von Büchern.
Notwendig ist, dass der feste Ladenpreis für Bücher erhalten bleibt.
H. Kraft
Gott sei dank – endlich Preiserhöhungen! Es ist kaum noch auszuhalten, wie sich die Buchbranche selbst massakriert! Ständig steigende Preise im Marketing für die Buchwerbung, überall jährliche Preiserhöhungen, nur „Bücher müssen billig sein“ ?!? Blankbooks (also Notizbücher mit „leeren“ Seiten) dürfen locker mal 15-20 Eur kosten – das kratzt niemanden -, doch ein Taschenbuch, mit dem ein Autor und ein Verlag eine Menge Arbeit haben, darf um Gottes Willen nicht mehr als 9,99 EUR kosten? Ich verstehe das schon lange nicht mehr! Käufer über „billig, billig, billig“ zu locken, ist keine gescheite Werbung und war es auch noch nie. Man hätte das Preisbewusstsein der Käufer durch konstante jährliche Preiserhöhungen in der Buchbranche anders „konditionieren“ sollen. Autos werden jedes Jahr teurer, Lebensmittel werden jedes Jahr teurer, Bekleidung wird jedes Jahr teurer – aber bitte nicht die Bücher?! Preiserhöhungen in unserer Branche sind notwendig, um die Existenz von Buchhändlern, Autoren und Verlagen zu sichern. Es kann nicht sein, dass sämtliche Güter des täglichen Bedarfs teurer werden, aber Bücher über 10 Jahre nicht mitziehen. Im Grunde müssten Taschenbücher schon längst 19,80 EUR und Hardcover im Sachbuchbereich 39,80 EUR kosten. Dann wären wir einigermaßen auf dem Niveau der allgemeinen Lebenshaltungskosten und der Inflation in Deutschland. Und ein Taschenbuch hätte wieder mehr Wert als ein Notizbuch mit 80 leeren Seiten und einem hübschen Einband.
Wenn die sinkenden EbookPreise so störend sind, warum führt dann keiner die sehnlichst erwartete Kombination aus Print und Ebook ein?
Aber höchstens als Alternative und nicht als Status Quo. Es gibt nämlich Leseratten – zum Beispiel mich – die ausschließlich ebooks lesen. Lesen mit der Lupe macht mir nämlich überhaupt keinen Spaß.