Im August beginnen die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro. Im Vorfeld haben nur wenige Verlage Berichtsbände zum Ereignis angekündigt. Für Redaktion und Produktion der Publikationen bleiben ihnen nur wenige Tage.
Die Olympischen Spiele sind nicht nur für die zahlreichen beteiligten Athleten eine sportliche Herausforderung, sondern auch für die Buchverlage, die mit Berichtsbänden das Großereignis dokumentieren, denn dabei zählt vor allem Schnelligkeit: Gerade einmal vier Tage nach der Abschlussfeier im Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro kommen in Deutschland bereits die ersten Bücher zu den Olympischen Spielen in den Handel.
Bisher haben nur der Verlag Die Werkstatt und Copress Sport für diesen Termin aktuelle Publikationen zu den Olympischen Spielen in Rio angekündigt, aber das muss nicht der letzte Stand der Dinge bleiben, denn auch Schnellschüsse, die bisher nicht auf der Rechnung standen, sind nicht ausgeschlossen. In der Regel versuchen die Verlage aber ihre Titelmeldung bereits vorab am Markt zu platzieren, damit die Bücher über die Barsortimente oder Online-Händler vorbestellt werden können.
Ein schnelles Erscheinen ist bei Sportereignisbüchern von entscheidender Bedeutung, da das Interesse in der Regel schon wenige Wochen später wieder abflaut. Das bestätigt auch Christoph Schottes, Lektoratsleiter beim Verlag Die Werkstatt, der den Erscheinungstermin am 25. August unbedingt einhalten will: „Wir verspüren keine Lust, auszuprobieren, wie sich ein Erscheinungstermin zwei Wochen nach dem Ende der Spiele anfühlen würde.“
Der Verlag Die Werkstatt ist zu den Olympischen Spielen 2012 in London erstmals ins Geschäft mit den Olympia-Berichtsbänden eingestiegen und hat zuletzt 2014 die Winterspiele in Sotschi dokumentiert. Für Schottes, der den Titel „Olympia 2016. Stars und Spiele“ betreut, sind solche Publikationen noch immer ein Abenteuer, allerdings mit zunehmender Routine: „Mit EM- und WM-Büchern, die wir ebenfalls seit 2012 publizieren, stehen wir vor identischen Herausforderungen.“
Die Werkstatt hat mit Ulrich Kühne-Hellmessen einen routinierten Autor verpflichtet, der neben dem Berichtsband über die Olympischen Spiele für den Verlag auch noch einen über die Paralympischen Spiele umsetzen wird, die im September ebenfalls in Rio stattfinden werden (7.–18.9.; ET des Buches: 1.10.). Für Riva wird er außerdem einen Berichtsband zur Fußball-EM in Frankreich verfassen („Euro 2016 in Frankreich: Die Stars. Die Teams. Die Stadien“).
Der Sportjournalist, der übrigens für Riva bereits im Februar ein Buch zur Handball-WM verfasst hatte („Das Handball-Wunder: Die Europameisterschaft 2016“), hat für „Bild“, „Sport-Bild“ und den „Kicker“ in leitenden Funktionen gearbeitet und ist Autor zahlreicher Sportbücher, u.a. der Biografien von Franz Beckenbauer, Rudi Völler und Matthias Sammer; auch ein Begleitband zur Fußball-WM in Brasilien stammt von ihm. Sachbücher wie „Verrückter Fußball“ (2003 als Weltbild-Ausgabe) erreichten bereits Verkaufsauflagen von über 200.000 Exemplaren.
Vor allem angesichts der kurzen Produktionsphase – Vorarbeiten sind laut Schottes kaum möglich – liegt der Fokus der Berichtsbände auf der Deskription der Ereignisse. „Unser Autorenteam schafft auch ein wenig Analyse – das steht aber nicht im Vordergrund – und geht nur, wenn man sehr professionelle und erfahrene Autoren hat“, berichtet der Werkstatt-Lektoratsleiter. Auch die Kalkulation der Startauflage erfolgt erst sehr spät. Die öffentliche Stimmung während der Spiele fließe ebenso in die Auflagenentscheidung ein wie die Zahl der Vormerker und Erkenntnisse aus dem Key-Accounting.
Generell könne der Verlag solche Projekte nur stemmen, weil er einen größeren Teil der Arbeit an Externe auslagere. „Dazu kommen Nachtschichten und, ganz wichtig, eine Druckerei, die sich von unserem sportlichen Ehrgeiz anstecken lässt.“
Till Spielmann spielmann@buchreport.de
Foto: Renato Sette-Camara
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