Der auch in der Buchbranche vielfach gespürte Reiz des Preismarketings unterhöhlt die Glaubwürdigkeit der Buchpreisbindung, mahnen die Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfels und Christian Russ. Die Wiesbadener Rechtsanwälte reflektieren in ihrem jetzt vorgelegten Arbeitsbericht auch die aktuellen Sortimenteraktionen, die Preisbindung hochzuhalten und offensiv gegenüber ihren Kunden zu kommunizieren: Alle Bemühungen, durch Kampagnen mit Plakataktionen, Eindrucke in den Büchern oder auf sonstige Weise deutlich zu machen, dass die Buchpreise gebunden sind und Bücher online nicht billiger zu haben sind, seien zum Scheitern verurteilt, „wenn sich bei den Kunden des Buchhandels der Eindruck verfestigt, dass es trotz Preisbindung einfach ist, Bücher im wirtschaftlichen Ergebnis billiger zu bekommen“.
Entscheidend sei die Sicht des Kunden, ob ein Preisvorteil gewährt wird oder nicht, „mögen auch noch so gewagte rechtliche Konstruktionen für den Anschein der Legalität sorgen“, schreiben Russ und Wallenfels und nennen die „allzu auffälligen Missbräuche“.
Werbe- und Sponsorenfinanzierung als Hauptproblem
Als Herausforderungen gelten neben dem Dauerthema „Mängelexemplare“ Gutscheine, Boni und Gewinnspiele. Vor allem die „immer exzessiver betriebenen Gutscheinmodelle“ seien ein großes Problem. Diese arbeiten mit der Konstruktion, dass der gebundene Ladenpreis durch zwei Zahlungen beglichen wird. Der ausgegebene und beim Kauf eines Buches einzusetzende Gutschein wird dabei angeblich von einem Unternehmen bezahlt, das dem Kunden ein Geschenk machen und gleichzeitig für sich werben will. Bekannt geworden waren u.a. Aktionen in der Douglas-Gruppe mit Thalia und buch.de.
Beim Kampf gegen die Gutscheine setzen die Preisbindungstreuhänder darauf, dass das Urteil gegen das „Sponsorenmodell“ von Studibooks aus dem Juni dieses Jahres rechtskräftig wird. Damit würden auch Finanzierungsformen wie die Gutscheine teurer und damit für die beteiligten Unternehmen unattraktiver.
Des weiteren beschäftigen sich Russ und Wallenfels ausführlich mit den vielen alltäglichen Nadelstichen gegen die Buchpreisbindung. Erwähnt werden die Aufweichung der Bertelsmann Club-Regeln („preisbindungsrechtlich ein Grenzfall“), Premium-Cards, die das Zahlungsziel verlängern, und Spendenwerbung („unzulässig“) sowie irreführende Werbung durch Preisvergleiche mit Vorauflagen, deren Preisbindung mittlerweile aufgehoben ist.
Preisbindung für E-Books enthält Sprengstoff
In der politischen Landschaft sehen Russ und Wallenfels die Buchpreisbindung wenig gefährdet, sondern europaweit Trends, die Regulierung des Buchmarktes eher zu festigen. Selbst die Übertragung der Preisbindung ins digitale Zeitalter scheine zu funktionieren, es gebe bei der Preisfestsetzung von E-Books eher praktische Fragen.
Dass tatsächlich in der Digitalisierung von Büchern und dem im Prinzip grenzenlosen E-Book-Handel Sprengstoff steckt, wird immerhin angedeutet: „Es ist aber keine Frage, dass jedenfalls dann, wenn E-Books einen nennenswerten Marktanteil erreicht haben sollten, Preiskämpfe auf diesem Markt erhebliche Auswirkungen auf das Geschäft mit preisgebundenen Print-Medien haben würden.“ Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Agency-Modell im E-Book-Vertrieb, bei dem der Verlag die Preise festsetzt. Gegen diese Quasi-Einführung einer Preisbindung ist in den USA per Sammelklage ein Kartellverfahren eingeleitet worden.
Frage zum Beitrags-Titel:
Warum „gegen das Grundgesetz“?
Das Grundgesetz kommt explizit im Artikel gar nicht vor. Und die „Nadelstiche“ aus dem Volltext richten sich gegen die Preisbindung.
Auch als Jurist sehe ich das Grundgesetz nicht betroffen. Die Preisbindung ist vor dem freiheitlichen Hintergrund des GG eher als Ausnahme von der Berufsfreiheit zu werten, denn als Ausdruck freier wirtschaftlicher Betätigung.