„Content neu denken, Verlagsprodukte neu erfinden“ ist das Motto der 3. Fachkonferenz zum „Verlag 3.0“ am 5. Juli im Literaturhaus München (hier mehr Infos zur Veranstaltung). Vorab erklärt einer der Referenten, Alexander Goukassian (Gründer und CEO von falkemedia), wie Zeitschriften und Bücher am besten für das iPad von Apple aufbereitet werden können.
Schon Anfang Juni hat falkemedia eine erste digitale Version einer Publikation für das iPad veröffentlicht: „Schnelle Küche – die besten Rezepte der So is(s)t Italien“ heißt die App zur Kochzeitschrift „So is(s)t Italien“ (2,39 Euro). Mehr Infos zur Entstehung in diesem Video.
Auch die Bücher des Verlags sollen als App angeboten werden. Im Interview gibt Alexander Goukassian einen Einblick in die verlagseigene App-Manufaktur.
Sie haben als einer der ersten Verlage mit „So isst Italien“ eine deutsche Zeitschrift aufs iPad gebracht. Sind Sie mit den Downloadzahlen zum Start zufrieden?
Alexander Goukassian: Absolut. Teil unserer Strategie war, so frühzeitig verfügbar zu sein, dass wir den Download-Durst der frisch gebackenen iPad-Besitzer mit einem Produkt aus unserem Hause bedienen können. Das ist uns geglückt, wie der Platz 2 der Download-Charts direkt hinter Apples eigener iBooks-App belegen konnte.
Welche Faktoren sind entscheidend für den Erfolg solcher Zeitschriften-Apps?
Exakt zu identifizieren, ob die Zielgruppe der gedruckten Zeitschrift heute bereits über das iPad erreicht werden kann. Aber auch, an welchen Stellen sich der Content, um den es noch immer geht, sinnvoll ergänzen lässt. Hingegen wäre es falsch, ein Magazin mit multimedialen Funktionen zu überladen, nur um zu beweisen, dass man ein iPad ausreizen kann.
In den USA hat die „Wired“-App für viel Aufsehen gesorgt. Wäre das auch ein Ansatz für den deutschen Markt?
Wired befasst sich mit der Technologie von morgen. Da ist es schon Pflicht, die Möglichkeiten des iPad auszureizen um glaubhaft zu bleiben. Einen pauschalen Ansatz für den deutschen Markt kann es nicht geben. Vielmehr werden die Verlage in der Pflicht sein, sich ernsthaft mit ihrer Zielgruppe auseinander zu setzen. Wie man den Leserreaktionen entnehmen kann, sind viele Leser mit dem reduzierten Ansatz der Spiegel- oder der Brandeins-App zufrieden. Diese wollen schlicht und ergreifend den hochwertigen Inhalt. Ein Kino- oder DVD-Magazin ohne lebendige Filmsequenzen jedoch dürfte scheitern.
Sie bringen bei Falkemedia auch Bücher heraus. Wann steuern Sie mit diesen auf den iPad?
So bald wie möglich, dies hängt derzeit von unseren internen Ressourcen ab. Wir schätzen den Nutzen deutlich höher ein als den Aufwand. Wer die Zielgruppe der Tablett-Leser in den kommenden Jahren kategorisch ausklammert, dürfte in ferner Zukunft ernsthafte Probleme haben.
Wie schätzen Sie die ersten Versuche der Buchverlage ein, ihre E-Books in den iBookstore zu transportieren?
Ich selbst bin zufrieden. Als Leser, in dessen Lage ich mich immer wieder versetze, möchte ich im Zweifelsfall spät abends am Wochenende kurzfristig Zugriff auf ein Werk haben, dafür muss nicht multimedial ausgestattet sein. Mich beschäftigt viel mehr die Frage, ob die Verlage einen Teil der Rohstoff- und Vertriebs-Ersparnis nicht doch an den Leser weitergeben sollten. Zu einem endgültigen Ergebnis bin ich jedoch nicht gekommen.
Wie könnten E-Books jenseits der Eins-zu-eins-Umsetzung der Print-Ausgabe aussehen?
Ein simpler, jedoch speziell für Krimis gangbarer Ansatz könnte sein, durch atmosphärische, zuschaltbare Geräusche, neue Erlebniswelten zu schaffen. Die Integration von sozialen Medien und Diskussionen liegt ebenfalls auf der Hand. Im zweiten Schritt wäre vorstellbar, Lesern durch Interaktion den Eingriff auf den Verlauf der Geschichte zu gewähren. Ich selbst erwarte aber eher reduzierte Ansätze, da es beim Buch auch in Zukunft auf die Qualitäten des geschriebenen Werkes ankommen wird.
Die Fragen stellte Daniel Lenz
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