Der Startschuss für den E-Book-Vertrieb beim größten US-amerikanischen Filialisten Barnes & Noble hat für gemischte Gefühle bei den US-Verlegern gesorgt: Endlich ein Rivale für Amazon, ärgerlicherweise mit ähnlichem Preisdumping-Kurs wie der weltgrößte Online-Shop. Hierzulande scheint die Welt noch in Ordnung zu sein: Die preisbindungsfreie Zone ist weit weg, außerdem schotten die meisten Verlage ihre Bestseller ohnehin noch vor der digitalen Welt ab, weshalb die Preisfrage noch nicht heiß diskutiert wird. Und doch wird auch die deutsche Branche von den US-Offensiven tangiert.
Spätestens wenn die Verlage Ende des Jahres verstärkt ihre Top-Seller auf die digitale Schiene setzen, wie von Libreka-Chef Ronald Schild im Interview mit buchreport angekündigt, kommt die Preisfrage automatisch aufs Tapet, und zwar umso heftiger, weil sich das digitale Umfeld verändert hat: Wenn beispielsweise ein typischer Belletristik-Bestseller als deutsches E-Book genauso teuer sein wird wie die Print-Ausgabe (plus/minus 20 Euro), Amazon & Co. das englische E-Book aber für den einheitlichen Bestseller-Tarif von 9,99 Dollar anbieten, also ein Viertel des deutschen Preises. Vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass der deutsche Kunde einsehen möge, dass für E-Books (bis auf Druck und Logistik) die gleichen Kosten entstehen wie für die Print-Ausgabe und daher beide ähnlich teuer sein müssen, ist so naiv wie weltfremd.
Amazon und Barnes & Noble haben mit der Art ihres Online-Vertriebs Tatsachen geschaffen, denen sich die deutsche Branche – trotz Preisbindung – nicht verschließen kann. Für Verlage heißt es, mutig neue Preismodelle zu entwerfen und dabei eine Kalkulation anzusetzen, die elektronische und gedruckte Bücher umfasst sowie einen Gesamtdeckungsbeitrag für beide Formate zugrunde legt.
(Aus buchreport.express 30/2009)
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