Mit „Feindliche Übernahme“ war Tilman Spreckelsens Artikel am vergangenen Freitag im Feuilleton der „FAZ“ überschrieben. Spreckelsen stellt darin fest, dass 95% der Jugendbücher von Erwachsenen gekauft werden; neu sei, dass die Erwachsenen diese Bücher jetzt auch lesen. Stichwort All-Age-Literatur. Spreckelsens rhetorische Frage: „Entsteht dabei nicht zwangsläufig eine Literatur, die sich nur scheinbar an Kinder richtet, in Wahrheit aber nach den Erwachsenen schielt?“ Da ist sie, die „feindliche Übernahme“.
Provokativ, aber schief: Der Begriff der feindlichen Übernahme verfehlt natürlich den Sachverhalt, denn hier werden keine Unternehmen oder Programme gegen ihren Willen übernommen. Was sich im Kinder- und Jugendbuch zum All-Age-Angebot rechnen lässt, kann durchaus gerne von den Erwachsenen „übernommen“ werden. Für die jungen Leser bleibt die Masse „echter“ Kinder- und Jugendliteratur wohl immer noch groß genug. Die Jugendbuch-Verlage werden ohnehin schweigen und genießen, wenn sie auf ihre Umsätze mit All-Age-Titeln blicken, und weiterhin massenweise Titel auf den Markt bringen, die durchaus auch den älteren Leser im Fokus haben.
Immer schwieriger wird tatsächlich wegen der unschärferen Zielgruppeneinordnung die Auswahl für die Käufer, wenn Kinder das Gekaufte konsumieren sollen. Aber hier tritt schließlich ein Marktteilnehmer auf den Plan, der in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht im Geringsten feindliche Gefühle zu hegen braucht: der Buchhandel. Buchhändler können sich in Zeiten der All-Age-Expansion als echte Sortimenter einbringen, können ihre Sortier-, Präsentations- und Beratungskompetenz beweisen. Und so kann die Conclusio lauten: Buchhändler, übernehmen Sie!
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