Die Pleite des zweitgrößten US-Filialisten Borders hat sich über lange Zeit abgezeichnet. buchreport.de blickt auf die letzten Monate zurück.
Januar 2010: Nach dem miesen Weihnachtsgeschäft und der angeblich schlechten Zahlungsmoral folgt der Abschied des Chefs. Nur ein Jahr nach seinem Antritt als CEO nimmt Ron Marshall seinen Hut. Michael J. Edwards, Chief Merchandising Officer, übernimmt die Firmenführung. Edwards war im September von seinem Vorgänger mit Verantwortung für Marketing und das wachsende Merchandising-Geschäft ins Haus geholt worden.
Im Dezember 2009 hatte die frühere Tochter Borders UK die Tore geschlossen (Borders USA hatte die britische Tochter 2007 an Luke Johnson und seine Investmentfirma Risk Capital Partners verkauft)
April 2010: Aufatmen bei Borders: Die Banken greifen dem zweitgrößten US-Buchhändler (hinter Barnes & Noble) mit einem Sofortkredit über 90 Mio Dollar und einer um 700 Mio Dollar erweiterten Kreditlinie überraschend unter die Arme. Der Geschäftsbericht weist für 2009 einen Umsatzrückgang um 13,8% auf 2,82 Mrd Dollar aus. Unter dem Strich wurden Verluste in Höhe von 110,2 Mio Dollar eingefahren.
Mai 2010: Mit einem 25-Mio-Dollar-Investment hat Bennett LeBow die Zügel bei der Borders Group Inc. in die Hand genommen. Der Finanzier hält seit dem Wochenende mit seiner Vector Group mehr als 18% und hat damit William Ackman und Pershing Square Capital (17,7%) als größten Einzelaktionär abgelöst.
Personelle Konsequenz: Chairman Richard McGuire, erst vor Jahresfrist von Ackman ins Boot geholt, hat das Unternehmen verlassen. LeBow selbst besetzt jetzt diesen einflussreichen Posten.
September 2010: Chairman Bennett LeBow und CEO Mike Edwards unternehmen einen neuerlichen Anlauf, um den zweitgrößten amerikanischen Buchhändler wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Allen voran steht das Filialnetz mit den 686 Borders-Superstores auf dem Prüfstand. Außerdem gibt es kosmetische Modernisierungsmaßnahmen in den Filialen. In den kommenden Monaten werden am Firmensitz in Ann Arbor, Michigan, und in den Logistikzentren einige Hundert Mitarbeiter entlassen.
Oktober 2010: Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen setzt Borders auf 25 sogenannte „Pop-up“-Läden, die Borders während des Weihnachtsgeschäfts überwiegend in Einkaufszentren eröffnen wird. Jede Ladenfläche der „Borders Express“-Shops ist ca. 250 qm groß, beschäftigt zwölf Mitarbeiter und führt ein Sortiment von schnell drehenden Spitzentiteln und Bestsellern, Kinderbüchern und E-Readern.
Januar 2011: In der ersten Januarwoche werden 14 Superstores geschlossen, weitere 17 stehen bis Ende des Monats zur Disposition. Das Kalendergeschäft von Day by Day Calendar Co. wird mit 420 saisonalen Shops an Calendar Club verkauft.
Der Vorstand des angeschlagenen Unternehmens ist seit Wochen in Krisengesprächen mit Verlegern; der Filialist kann den zweiten Monat in Folge die Rechnungen nicht zum Fälligkeitsdatum begleichen. GE Capital soll für die dringend nötige Kapitalspritze sorgen, um den laufenden Liquiditätsengpass aussitzen zu können.
Februar 2011: Der Filialist hat die Bemühungen zur Refinanzierung des eigenen Schuldenbergs aufgegeben und setzt nur noch darauf, finanziell für das Insolvenzverfahren nach Chapter 11 vorzusorgen. Am 16. Februar erfolgt der Gang zum Insolvenzgericht.
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