Auch Druck muss man differenzieren. Ganz aktuell stehen die Verlage unter Druck, weil ihre traditionellen Handelspartner trotz ordentlicher Nachfrage noch etwas verhaltener als bisher ordern und selbst Backlist-Titel, die noch vor nicht langer Zeit als Brotartikel galten, nur sehr sparsam nachbestellt werden. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und wohl auch das Wackeln des Riesen DBH sorgen in der Branche für Nervosität. Die Verlage lassen sich anstecken und trommeln mit wenigen Ausnahmen nicht gerade mit breiter Werbebrust für ihre Bücher.
Die allgemeine Verunsicherung sorgt dafür, dass auch der latente Druck stärker empfunden wird und grundlegendere Fragestellungen schon deshalb ins Blickfeld rücken, weil sie nicht von kleinen Konjunkturen und Einzelerfolgen im Tagesgeschäft verstellt werden. Wie groß der allgemeine Druck ist, hat vergangene Woche die Münchner Fachkonferenz „Verlag 3.0“ pointiert. Die noch funktionierenden Geschäftsmodelle der Branche, die stark an Inhalte und Produkte geknüpft sind, weisen bedrohliche Risse auf, die allein mit dem Urheberrechts-Kitt nur vorübergehend gespachtelt werden können.
Der Kampf gegen kriminelle bis nassforsche Geschäfte mit fremden Inhalten muss geführt werden, aber in vollem Bewusstsein, dass dies Defensivarbeit ist und keine Zukunftsstrategie. Das Dilemma: Für die Vorwärtsbewegung gibt es keinen Wegweiser. Die Beispiele für neue Geschäfte, ob personalisierte Inhalte, Häppchen-Füttern von Handys, Verzahnung von Content und Service bis zum Knüpfen digitaler Netzwerke sind alle interessant, aber selbst aus der Perspektive von Verlagsmittelständlern doch kleinteilig und komplex zugleich.
Die Gewissheit wächst, dass der Druck bestenfalls durch kleine Ventile entweicht.
(Aus buchreport.express 28/2009)
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