Während die Bertelsmann-Sparte DirectGroup auf der internationalen Bühne zum Rückzug bläst (hier und hier), soll auf dem deutschen Markt nicht nur rück-, sondern auch umgebaut werden. Beim deutschen Club Bertelsmann soll ein seit Jahren skizzierter Bauplan jetzt offenbar in die Reinzeichnung gehen. Für eine Reihe geeigneter Läden heißt es Öffnung in Richtung Handel, also ohne Beschränkung auf Club-Mitglieder.
In Deutschland experimentiert der Club schon seit Jahren unter wechselnden Bezeichnungen („Boulevard“, „Citybuch“) mit solchen Öffnungen zum allgemeinen Medienhandel, aktuell mit einem aufwendigen Konzept unter der Marke „Zeilenreich“ in Aschaffenburg, Berlin und Hanau und zugehörigem Online-Shop.
Bei dem offenen Modell werden sowohl Club-Mitglieder bedient (Club-Ausgaben zum reduzierten, andere Bücher zum vollen Preis), als auch ungebundene Kunden, die auch für Club-Titel den entsprechenden Buchhandelspreis zahlen müssen (buchreport berichtete).
Zwar gibt es immer noch kein Startsignal für die „Zeilenreich“-Multiplikation wegen noch „unvollständiger Ergebnisse“ für das im Herbst 2009 gestartete Konzept, aber die Wegweisung steht: „Die Öffnung in Richtung Handel ist der richtige Weg für den Club und die DirectGroup Germany“, erklärte ein Club-Sprecher auf buchreport-Anfrage. Auch bestehende Club-Mitglieder hätten das „Zeilenreich“-Konzept „besser angenommen, als wir geplant haben“.
Filialkette ist auf 180 eigene Läden und 70 Shops geschrumpft
Der Handlungsbedarf ist groß. Die bisherige Filialkette passt nicht mehr zum Umsatzeinbruch des Clubs auf 208 Mio Euro (buchreport berichtete) und zu den sinkenden Mitgliederzahlen, die aktuell mit 2,7 Mio beziffert werden. Der daraus abzuleitende Durchschnittsumsatz von weniger als 80 Euro macht
Filialstandorte mit einem Einzugsbereich von wenigen Tausend Mitgliedern unrentabel. Aktuell stellt sich die Situation folgendermaßen dar:
- Während in der Selbstdarstellung des deutschen Clubs immer noch von „rund 300 Filialen“ die Rede ist, ist die Kette mittlerweile bereits auf 252 Standorte geschrumpft; davon sind ca. 180 eigene Ladenlokale.
- Mehr als ein Viertel (ca. 70) der insgesamt 252 Anlaufstellen sind jetzt Shop-in-Shops, die von Buchhandlungen oder anderen Einzelhändlern mit eigenem Personal geführt werden.
Auch diese Shops gelten als „gut geeignete“ Variante für die Öffnung in Richtung Handel und für eine Ablösung eigener Filialen, wenn die Kundenzahl (Mitglieder) sie nicht mehr trägt. Aber es gebe „keine grundsätzliche Entscheidung, unser Filialnetz auf das Partnersystem umzustellen“.
Mitarbeiter spekulieren über Schließungen
Die angepeilte Club-Öffnung in Richtung Handel vertreibt indes nicht die Ungewissheit über Einzelstandorte. Das sorgt für Nervosität in der Belegschaft, in der auch Listen mit gefährdeten Filialen kursieren (die buchreport vorliegen), die aber offiziell nicht bestätigt werden.
Bei Schließungen werden Mitarbeitern zum Teil Arbeitsplätze in Nachbarfilialen angeboten. Für die insgesamt vorgenommenen Personalreduzierungen hatten Geschäftsleitung und Betriebsrat im vergangenen Dezember einen Sozialplan verabschiedet. Auch in der neben Berlin traditionellen Club-Zentrale in Rheda-Wiedenbrück wurden „Strukturen angepasst und Personalmaßnahmen umgesetzt“.
Quelle: buchreport.express 15/2010
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